Der Tod als steter Begleiter
Es lebt sich schlecht in ihrer Nähe. „Mann“ sollte sie meiden, doch dafür ist sie zu attraktiv, verführerisch, lasziv, kalt und verstörend. Also von magischer Anziehung. Aber der Begleiter von Lulu ist der Tod. Es stirbt sich schnell in ihrer Aura, mal rafft der plötzliche Herztod einen hin, der Suizid aus Eifersucht führt zum Exitus eines anderen, oder Revolverschüsse räumen auf unter dem reichhaltigen Personaltableau dieser Oper von Alban Berg nach den Textvorlagen von Frank Wedekind. Auch die Lulu sollte solches Schicksal ereilen, so der Plan von Alban Berg, doch er wurde nicht ganz fertig mit seinem explosivem Bühnenwerk, das (auch) die wilden 20er reflektiertm weil er selbst vor Vollendung dahingerafft wurde. Ironie des Schicksals, er ging zu spät zum Arzt und erlag einer Sepsis.
So also bricht Lulu in Heidelberg am Ende „nur“ zusammen und das Werk ab, weil auf Friedrich Cerhas Vervollständigung verzichtet wurde. Das mag der eine als Mangel ansehen, während andere es als originales Vermächtnis empfinden mögen. Doch das scheint nicht der Knackpunkt an dieser Produktion zu sein, vielmehr spiegelt sich in der Regie von Axel Vornam zu wenig die aufrührerische, packende Musik, vom Philharmonischen Orchester Heidelberg unter dem zupackenden Dirigat von Paul Taubitz , im Bühnengeschehen wider. Lulu bleibt eindimensional, trotz unwiderstehliche Reize, auf Lotterliege plus Eros beschränkt, sie dürfte durchaus eine schillernde, psychisch verstörende Grundierung vertragen. Doch innerhalb der Regie-Rahmung ist die Sopranistin Jenifer Lary eine in Stimme, Aussehen und Ausstrahlung ausgezeichnete Besetzung.
Sind die Herren der Schöpfung nur Staffage? Im braven Bühnenraum von Tom Musch – halbrund mit Drehtüren – kommen sie und gehen sie. Das mag symbolisch für die wechselnden Beziehungen dieser Frau sein, auch finden sich die symmetrischen Spiegelungen des Werks wieder, doch fasste es den Besucher nur wenig an, derweil die Musik doch so voller expressiver Wucht und Konturen die schicksalhafte Gemengelage illustriert und auszuschöpfen bereit ist.
Was der wirklich guten Ensemble-Leistung des Hauses mit den vielen Protagonisten keinen Abbruch tut, die sich in den Dunstkreis dieser Lulu begeben und darin verlieren.
Sehr viel Beifall im - Corona geschuldet - halbvollen Haus.