Übrigens …

It's Britney, Bitch! im Berliner Ensemble

Britney, ein Rollenmodell

Am Berliner Ensemble entstaubt man seit ein paar Jahren, oder versucht es zumindest: Die Dreigroschenoper steht nicht mehr tagtäglich auf dem Spielplan und zunehmend viele (junge) Frauen dürfen ihre Regie- oder Textarbeit präsentieren. Gut so!

Nun also It's Britney, Bitch! - ein Ein-Personen-Stück mit Sina Martens in der Hauptrolle, das den Popstar Britney Spears thematisiert. Entnommen ist der Text aus Laura Dabelsteins Text „Sucht“ und weiteren Texten von Miriam Davoudvandi, Fikri Anil Altintas und Lena Brasch. Aufgeführt im relativ neuen und attraktiven „Werkraum“ nahe der Spree.

Tja, diese Britney Spears. Jung erklomm sie den Pop-Olymp, erst als Kinderstar im Disney Club, dann zog sie sich bauchfreie Tops an, trällerte leicht lasziv-sportlich auf MTV, verkaufte Platten ohne Ende, war mit Justin Timberlake zusammen, bekam mit einem Background-Tänzer Kinder, geriet in die Schlagzeilen aufgrund psychischer Probleme, Party-Exzessen und Reibereien mit ihrem Vater, der den Eindruck erweckte, väterliche Fürsorge müsse ihm Britney in Sportwagen oder Immobilien zurückzahlen. Was wahr, was unwahr ist, bleibt Interpretationssache.

Richtig scheint indes: Fans, Berühmtheit und Geld machen nicht glücklich, Erfolg kann auch zur Last werden, insbesondere für junge Frauen, die als Rollenmodell dienen, um im gleichsam prüden wie nach Sexappeal gierendem Amerika die diffusen Erwartungen ihres Publikums zu bedienen.

Der Text von Dabelstein und Co. thematisiert die Zerrissenheit der Britney Spears; sie hadert und singt, sie ist traurig und tanzt, sie reflektiert und mauert sich in ihrer eigenen Welt ein.

Denn nicht ohne Grund dominiert Sina Martens in wechselnden Outifits und wechselnden Frisuren die Bühne. In der Welt von Britney Spears dreht sich alles um It's Britney Bitch! - eine Zeile aus einem Song von Spears. Das Wort „Bitch“, das so viel heißt wie „Hündin“ oder auch „Miststück“, ist eindeutig negativ belegt.

Wo wir wieder beim Rollenmodell wären, das die Inszenierung aufdröselt. Denn von Britney wird Jungfräulichkeit ebenso erwartet wie Koketterie und Coolness, Frömmigkeit ebenso wie Witz und Charisma. Britney, die überfrachtet mit Erwartungen zu sein scheint, kann sich offenbar nicht entscheiden, wie sie die eigene Interpretation ihres Lebens sehen will.

Martens gibt der Figur Tiefe und Sympathie. Das Publikum ist begeistert. Spears wird im Werkraum des Berliner Ensembles textlich ins rechte Licht gerückt.