Übrigens …

Q-uestioning im Theater untern Dach

Worum geht es eigentlich?

Viele Deutsche haben es vielleicht nicht mitbekommen, aber die sicherlich nicht perfekte bundesrepublikanische Demokratie und unser mühsam aufgebauter Sozialstaat sollten ausgehend von Rädelsführer "Prinz Reuß" einmal umgekrempelt werden. Im Jahr 2022 wurde er festgenommen, ab 2024 muss er sich vor Gericht verantworten. Unter anderem lauten die Vorwürfe, ein Anschlag auf den Reichstag sei geplant gewesen, um Politiker*innen zu kidnappen. Kurz: potentieller Terrorismus und Planung eines hochverräterischen Unternehmens.

Am Theater unterm Dach wird ausgehend von diesem aktuellen Fall ein dichtes Gespann rund um Verschwörungstheorien, gesellschaftliche Irrwege und individuelle Abgründe an die Theaterbühne gepinnt. Große Begeisterung auf Seiten des Publikums, das sich bei der anschließenden Podiumsdiskussion, die ebenfalls Präventionsbemühungen um Jugend-Radikalisierung präsentiert, mit Engagement und Englischkenntnissen (es wird nicht auf deutsch zu einem heimischen Thema diskutiert - vielleicht will sich der Veranstaltungsort so irgendwie auch ein bisschen selbst von der Problematik distanzieren?), einbringt.

Ja, dieser Prinz Reuß, eine schillernde Figur ist er. Mit guten Verbindungen in die Reichsbürgerbewegung und die AfD (Richterin und AfD-Politikerin Malsack-Winkemann soll in die Intrige ebenfalls verwickelt sein). Strittige Immobilienbesitztümer garnieren seine Familienhistorie. Denn der Feudalismus ist inzwischen lange her. Das scheint nicht allen zu passen. Prozesse um Immobilien garnieren seinen Lebenslauf. Der Diplom-Ingenieur hatte sich schon länger zu einem Promi der Verschwörungsszene gemausert. Der Hang zum Obskuren scheint genetisch bedingt, denn irgendwie spinnt die ganze Familie Reuß rum: Schon Mami Reuß himmelt Wunderheilerin Uriella an.

Wie das so ist bei Menschen, die durchaus gut gebildet und rhetorisch begabt sind, schaffen diese es auch mit absurden Ideen, Menschen hinter sich zu scharen, die vielleicht auf Sinnsuche oder überfordert sind von einer komplexen, modernen Welt. Am Theater unterm Dach dröselt das Schauspiel- und Regie-Duo Marina Dumont Anastassiadou und Till Krüger mit konziser Sprache und passender Charakterzeichnung den ganzen Unsinn rund um Kinder auf, die von der politischen Elite in Tunneln missbraucht werden. Schlachtpläne werden vorübergehend in Treppengeländern versteckt. Richterin und Angeklagter: Die Besetzung passt sowohl sprachlich als auch optisch. Viel Zuspruch für diese intelligente und aktuelle Inszenierung.