Drei Tage prall gefüllt mit Uraufführungen

Drei Tage Programm mit 19 Uraufführungen – die „Donaueschinger Musiktage“, die am Sonntag (19. Oktober) zu Ende gingen, waren auch in diesem Jahr randvoll gefüllt mit dem Neuesten, was die Avantgarde derzeit zu bieten hat. Hans Zender, Friedrich Cerha, Wolfgang Rihm, Salvatore Sciarrino, Brian Ferneyhough – nur fünf jener Komponistinnen und Komponisten, die gefeiert wurden... die Genannten sehr, ein paar andere mitunter auch etwas weniger. Insgesamt aber war das künstlerische Niveau sehr hoch, höher als im letzten Jahr.

„und+“, ein schlichtes „und+“ stand als Motto über dem Festival, dass die Autonomie der einzelnen Künste wie Literatur, Malerei, eben auch Musik in den Blick nahm. „’und+’ meint in diesem Fall: etwas hinzufügen, zusätzlich zu einem bereits Vorhandenen“, erläuterte Festivalleiter Armin Köhler. Deshalb wurden Aufträge an KomponistInnen vergeben, die über die Musik hinaus sich in anderen Genres bewegen, wie etwa der Laut-Poet Josef Anton Riedl oder Pascal Dusapin, der auch als herausragender Fotograf erfolgreich ist.

Kraftvoll und betriebsam Wolfgang Rihms Trompetenkonzert „Sound As Will“ – der Titel ist Programm. Das genaue Gegenteil dazu waren die „Inner Voicings“ der Kanadierin Chiyoko Szlavnics mit dem perfekten instrumentalen Partner, dem Klangforum Wien. Dass es mittlerweile durchaus auch etwas humorvoller zugehen kann in Donaueschingen, bewies Ondrej Adámeks „Körper und Seele“ mit einer „Air-Machine“ im Mittelpunkt, die geräuschvoll und lustig Klinikhandschuhe, je einen Luftballon in Form eines Schweinchens und eines Hahns und diverse andere Accessoires aufblies, unterstützt vom SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg unter François-Xavier Roth. Der Däne Simon Steen-Andersen bediente sich als Material für sein Klavierkonzert der (auf Video sichtbar gemachten) Eindrücke der Zertrümmerung eines Konzertflügels, der dann in seinem desolaten Zustand für ganz neue (gesampelte und auf einer eigenen Klaviatur abrufbar gemachte) Klänge sorgte - neben einem gut funktionierenden „normalen“ und live gespielten Instrument. Beide zusammen bediente in atemberaubender Weise der Pianist Nicolas Hodges. Just dieses Opus bekam auch die Lorbeeren des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg, das Steen-Andersens Werk mit dem traditionell vergebenen Sonderpreis belohnte.

Einen wichtigen Platz nahmen auch beim diesjährigen Donaueschinger Festival wieder Fortbildungsprogramme für Studierende und Pädagogen ein: Werkstattgespräche mit Komponisten, Präsentation von Modellen der Musikvermittlung, Austausch und eigenes Experimentieren – so sorgt man sich in Verbindung mit verschiedenen Partnern um den zuhörenden, lehrenden und komponierenden Nachwuchs gleichermaßen. Und dies wird im nächsten Jahr sogar noch intensiviert. Eine richtige Entscheidung!

Nach wie vor heftigst kritisiert: der Beschluss der Intendanz des Südwestrundfunks, das Orchester Baden-Baden und Freiburg zu fusionieren mit jenem in Stuttgart. Wieder gab es Protestaktionen. Und Dirigent Emilio Pomàrico fand am live gesendeten Eröffnungsabend klare Worte: die Fusion sei „eine einzige Dummheit“.

Am Ende des Festivals wurde schließlich auch noch bekannt, dass als Nachfolger von Armin Köhler, der die Musiktage krankheitsbedingt nicht persönlich hatte miterleben können, der Musikjournalist und SWR-Redakteur Björn Gottstein ab 2017 die Leitung der Donaueschinger Musiktage übernehmen wird. Ein Generationenwechsel also. Man darf gespannt sein! - Christoph Schulte im Walde