Sieben Stücke bei diesjährigen Mülheimer Theatertagen

Mülheim/Ruhr - Die Flüchtlingskatastrophen vor Lampedusa, der rechte Sumpf, der den NSU-Terror ermöglicht hat, der Alltagsrassismus, Bürgerkrieg, Asylbewerber und künstliche Befruchtung sind die Themen der diesjährigen Mülheimer Theatertage. Das Festival deutschsprachiger Gegenwartsdramatik feiert in diesem Jahr sein 40jähriges Bestehen. Die Auswahljury hat aus insgesamt 98 Uraufführungen sieben aktuelle Stücke ausgewählt, die ab dem 16. Mai um den mit 15.000 Euro dotierten renommierten Mülheimer Dramatikerpreis antreten.

Furcht und Ekel. Das Privatleben glücklicher Leute von Dirk Laucke in der Version des Deutschen Theaters Göttingen und das Stück Wunsch und Wunder von Felicia Zeller vom Theater Saarbrücken zählen zu den nominierten Stücken. Auch Homo Empathicus von Rebekka Kricheldorf in der Version des Deutschen Theaters Göttingen gehört zu den ausgewählten Stücken. Darin geht es um den Wunschtraum nach einer politisch korrekten Gesellschaft, die in einem Albtraum endet.

Zudem werden in Mülheim/Ruhr Common Ground von Yael Ronen, Die Schutzbefohlenen von Elfriede Jelinek, das Kriegsstück Die lächerliche Finsternis von Wolfram Lotz und das Drei-Generationen-Drama die unverheiratete"von Ewald Palmetshofer für die diesjährigen Stücke ausgewählt. Tobias Becker von der Auswahl-Jury sprach am Dienstag von einem „ausgesprochen starken" Jahrgang an neuen Theaterstücken.

Nach seinen Worten können zeitgenössische Autoren das Theater zu einem schnellen, einem aktuellen und einem politisch relevanten Medium machen, das schnell auf aktuelle politische Debatten reagiert. Das Trendthema des Theaterjahres seien die Taten der Terrorzelle NSU. „Es gibt so viele neue NSU-Stücke, dass es problemlos möglich gewesen wären, das komplette Festival nur mit ihnen zu bestücken", so Becker.

Zum sechsten Mal in Mülheim/Ruhr finden auch die Kinder-Stücke statt. Sie laufen vom 18. bis 22. Mai und präsentieren diesmal nach den Worten von Werner Mink von der Auswahl-Jury fünf neue Produktionen. Die fünf ausgewählten Inszenierungen konkurrieren um den mit 10.000 Euro dotieren Preis der Kinder-Stücke. Die Jury nomierte Mein ziemlich seltsamer Freund Walter von Sibylle Berg um das Schicksal eines neunjährigen Mädchens, dessen Eltern beide arbeitslos sind.

Außerdem dabei Dreier steht Kopf"von Carsten Brandau, Ein Känguru wie Du von Ulrich Hub um das Thema Umgang mit Schwulsein, Zaubermühle von Katrin Lange und Patricks Trick von Kristo Sagor. In letzerem geht es um einen Jungen, der zufällig erfährt, dass er einen behinderten Bruder bekommen wird. 

Seit 1976 finden jeweils im Mai/Juni die Mülheimer Theatertage Stücke statt. Sieben bis acht Stücke in der wirksamsten Aufführung - meist der Uraufführung - werden jährlich in Mülheim an der Ruhr gezeigt. Die Theatertage sind in ihrer Konzeption noch immer einzigartig. Das NRW-Kulturministerium fördert das Festival seit 1986. Zum Geburtstag fördert das Ministerium den Sieger im Wettbewerb der Kinder-Stücke dadurch, dass er ein weiteres Kinderstück schreiben kann, das zur Uraufführung kommen soll. – Andreas Rehnolt