Die Welt aus einem anderen, einem neuen Blickwinkel sehen
Florian Lange, 1974 in Gräfelfing geboren, studierte von 1995 bis 1999 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Seit 2010 gehört er zum festen Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Davor hatte er Engagements am Schauspielhaus Zürich, am Ballhaus Ost in Berlin und am Hamburger Schauspielhaus – um nur einige Stationen zu nennen.
Florian Lange erhielt den Bochumer Theaterpreis 2012 in der Kategorie „Arrivierte“.
Zur Zeit spielt er unter anderem die Titelrolle im Kinder- und Familienstück Kleiner König Kalle Wirsch. Beeindruckend war Florian Lange als Caliban in Der Sturm (Regie: David Bösch), als Franz Moor in Jan Klatas Inszenierung der Räuber und ganz ausgezeichnet als Beckmann in Draußen vor der Tür, Regie ebenfalls David Bösch. (Antje van Bürk)
Antje van Bürk: Du wirkst auf der Bühne immer sehr authentisch und intensiv direkt. Wie näherst Du Dich einer Rolle?
Florian Lange: Ich versuche, als Erstes das Stück zu verstehen und den Kern des Stückes bzw. der Stückfassung zu erkennen. Also das, was diese Welt zusammenhält. Und in diesem stückeigenen Kosmos agieren, handeln und leben alle Figuren in einer für sie nachvollziehbaren Weise. Also versuche ich herauszufinden, wie ich in dieser Welt mit diesem Text für mich nachvollziehbar handeln würde.
Was ist für Dich wichtig in der Kooperation mit einem Regisseur?
Es ist wichtig, dass man eine gemeinsame Sprache findet, in der man sich verständigen kann. Das ist ein wenig wie eine Fremdsprache lernen – das klappt mal mehr, mal weniger. Aber je besser man sie beherrscht, umso poetischer und virtuoser kann man sprechen.
Gibt es Regisseure, mit denen Du besonders gern zusammen arbeitest?
Ja, die gibt es.
Gibt es Traumrollen?
Ja, die gibt es auch. Aber ich merke das immer erst, wenn ich sie spiele, was schön ist, denn es gibt einen so unerschöpflichen Vorrat an Traumrollen.
Wie kamst Du zum Theater? Bzw. seit wann/warum wolltest Du Schauspieler werden?
Es gibt nur drei Berufe, die ich in meinem Leben haben wollte – das war König, Archäologe und dann kam Schauspieler. Ich denke, mit diesem Beruf habe ich in ausreichendem Maße meine beiden anderen Berufswünsche erfüllen können.
Gibt es Vorbilder, die Dich als Schauspieler beeindruckt haben?
Es gibt Kollegen, die mich beeindrucken. Nicht nur als Schauspieler - und sie sind daher auch Vorbilder für mich. Aber ein bestimmtes Vorbild, dem ich nacheifere, habe ich nicht.
Worin besteht Erfolg für einen Schauspieler Deiner Meinung nach?
Na, unglaublich reich und berühmt zu werden?? Für mich ist Erfolg, wenn es gelingt, ein Stück, an dem man acht Wochen gearbeitet hat, so zu spielen, dass das Publikum noch nicht mal die zwei oder drei Stunden merkt, die es gedauert hat, sondern mit der Ahnung, die Welt aus einem anderen, einem neuen Blickwinkel gesehen zu haben, nach Hause geht. Und vielleicht verändert das ja auch etwas.
Judy Winter hat einmal unterschieden zwischen Darstellern und Schauspielern, wobei Darsteller nur sich selbst darstellen – Dein Kommentar?
Ja, ich kenne diese Unterscheidung, aber ich möchte das nicht werten. Ich glaube, beides kann sehr virtuos sein und wie man sein Ziel erreicht, sei jedem selbst überlassen.
Du hast neben der Arbeit auch in TV-Produktionen mitgemacht. Gibt es grundsätzliche Unterschiede in der schauspielerischen Tätigkeit auf der Bühne bzw. vor der Kamera?
Es gibt schon einige Unterschiede. Beim Film wartet man viel und muss dann in kurzer Zeit eine sehr konzentrierte Leistung abrufen. Beim Theater hat man mehr Zeit, um durch einen Theaterabend zu gehen. Die Konzentration erstreckt sich über einen größeren Bogen. Außerdem wird an einem Theaterabend der Blick des Zuschauers weniger gelenkt als beim Film. Er gibt dem Zuschauer eine größere Autonomie zu entscheiden, welcher Geschichte er folgen möchte.
Was tust Du zu Deiner Entspannung?
Baden. Und ich reise gern und weit weg. Das mache ich dann in den sechs Wochen Theaterferien. Das Fremde entspannt mich auf eine eigentümliche Weise.
(Foto: Christian Rolfes)