Theaterkosmopolit mit großer Leidenschaft für die Bühne
Der Theaterregisseur, Schauspieler und Intendant des international angesehenen Theaters an der Ruhr in Mülheim/Ruhr, Roberto Ciulli, feiert am 1. April seinen fünfundachtzigsten Geburtstag. Alleine im März stand der fast zierliche Ciulli mit seinen langen weißgelockten Haaren noch sieben Mal als Schauspieler auf der Bühne. An seinem Geburtstag gibt es keine öffentliche Vorstellung. Doch vermutlich wird das Ereignis im Kreis von Mitarbeitern, Freunden und Ensemble-Mitgliedern in dem Haus am Raffelberg gefeiert werden.
Aktuell spielt Ciulli, der das von ihm mit gegründete Theater seit knapp vierzig Jahren leitet, in so unterschiedlichen Stücken wie Der Besuch der Alten Dame von Dürrenmatt, Gespenster von Ibsen, Der kleine Prinz von de Saint-Exupéry und Clowns unter Tage, einem Stück über das Ende des Steinkohle-Bergbaus, das er auch mit verfasst hat und das im vergangenen Jahr bei seiner Uraufführung von Publikum und Kritikern bejubelt und hoch gelobt wurde.
Der Mann mit der unendlich großen Liebe zum Theater wird schon mal als „extrem charismatische Persönlichkeit" bezeichnet oder auch als „großer Magier des spätbürgerlichen Theaters." Seine Inszenierungen bestechen durch die Macht der Bühnenbilder, zum anderen durch die Wahl der Stücke und natürlich durch die Schauspieler, die mitunter die Figur eines Stücks über Jahrzehnte hinweg spielen und sie mit ihrem Alter auch verändern.
„Wir Theaterleute vertreten eine alte Humanität, eine alte Menschenidee. In der gibt es Raum für Spiritualität, für Geheimnisse, für Religion und Utopien," sagte Ciulli einmal. Er arbeitet bei seinen Inszenierungen oft mit Elementen der Clownskunst, so etwa in dem komisch-musikalischen Stück Clowns 2 1/2. Für diese immer noch im Spielplan befindliche Produktion war er im November 2014 mit dem „Planet of smiles Award des World Parliament of Clowns“ ausgezeichnet worden.
Geboren wurde Ciulli am 1. April 1934 im italienischen Mailand. Der Sohn eines Fabrikanten hatte seine ersten Theatererfahrungen nach seinem Philosophie-Studium in einem von ihm gegründeten Zelttheater mit dem Titel „Il Globo". 1965 kam er „der Sprache wegen" nach Deutschland. Deutsch, so sagt er, sei die Sprache des Denkens, Italienisch die des Singens. Zunächst war er am Theater in Göttingen, dann in Köln, später in Düsseldorf und in anderen großen Häusern bundesweit in unterschiedlichsten Funktionen tätig.
Um Theater „nach eigenen Regeln machen" zu können, gründete er dann zusammen mit seinem Dramaturgen Helmut Schäfer und dem im Mai vergangenen Jahres verstorbenen Bühnenbildner Gralf-Edzard Habben das Theater an der Ruhr. „Ich habe immer noch jeden Tag Lust, ins Theater zu fahren und zu spielen", sagt der Fünfundachtzigjährige, der auch gerne die Eintrittskarten abreißt, wenn die Zuschauer den Theatersaal betreten. Überhaupt sind die Besucher ihm wichtig.
Seit knapp sechs Jahren macht der unter dem Motto „Reisen ins Theater" einen Gang.durch das Haus, bei dem neben der Bühne auch die Kellerräume, die Requisiten und das Intendantenbüro besichtigt werden können. Dabei erzählt von Ideen, Plänen, Kuriositäten und Abenteuern. Das Theater an der Ruhr reist seit Jahrzehnten durch Deutschland, Europa und die Welt, um ausgesuchte Stücke aufzuführen.
Ciulli spielt mit seiner Truppe auch in Ländern wie Iran, Irak, Aserbaidschan, Mali, Benin oder Burkina-Faso. Auch darüber hat er viel zu erzählen. Und er holt Theatermacher aus diesen Ländern nach Deutschland, in sein Theater im ehemaligen Solebad am Raffelberg, das auch mal Hotel und Tanzhaus war. Finanziell unterstützt wird der greise Theatermann dabei auch vom Land NRW, das Ciulli für seine Arbeit als „Brückenbauer zwischen den Kulturen" im Jahr 2013 mit dem mit 25.000 Euro dotierten NRW-Staatspreis ehrte.
Im Sommer wird das Theater an der Ruhr auch wieder seine beliebten Weißen Nächte veranstalten. Vier Tage lang gibt es an den Sommerabenden abwechslungsreiche Inszenierungen der Bühne sowie ein Konzertprogramm im Raffelbergpark zu erleben. Die Angebote waren in den vergangenen 15 Jahren stets kostenlos.
Zuvor gibt es bei den am 1. Mai startenden traditionellen Ruhrfestspielen gleich drei Stücke aus dem Repertoire von Ciullis Theater zu sehen. Der habe immerhin als erster Theatermacher in NRW „die Idee eines interkulturellen Dialogs konsequent betrieben", so Ruhrfestspiel-Intendant Olaf Kröck vor dem fünfundachtzigsten Geburtstag des Prinzipals.
Foto: H. Hoffmann