Übrigens …

Prometeo im Duisburg, Kraftzentrale

Nur Klang

Ist das wirklich noch Theater? In der Kraftzentrale im Duisburger Landschaftspark-Nord kommt Luigi Nonos später, in jeder Hinsicht gewaltiger Prometeo als Klang-Raum-Installation daher ohne Bilder oder sonstige theatralische Vorgänge, es sei denn, man wolle isolierte Lichtwechsel als solche bezeichnen. Diese legen teilweise sogar konkrete Assoziationen nahe, wenn etwa orange eingefärbte Neonröhren eine Lichtstraße unter die Hallendecke legen, soll man an den Sonnenwagen denken, von dem die Titelfigur in der griechischen Mythologie das Feuer stiehlt.

Allein, was hilft’s? Die aufdringliche Konkretisierung findet keine Fortsetzung, das Ohr schließt sich, für das offene Auge gibt es kein Futter. Es bleibt nur der harte Weg: Zuhören, diese außergewöhnliche Musik an sich heran, in sich hinein lassen, diese gegen alles aufbegehrende Sanftheit sozusagen am eigenen Leibe spüren. „Ascolta!“ heißt es mehrfach und eindringlich. Das ist das einzige Wort, das zu verstehen ist. Hör zu!

Das Publikum sitzt auf nicht zu bequemen, aus Sperrholz montierten Kirchenbänken und sieht auf die verschieden hohen und breiten Podeste, auf denen die Mitwirkenden angeordnet sind – und hofft, dass sich über die Musik hinaus noch etwas ereignet. Irgendwas. Nicht wenige suchen danach, raschelnd blätternd, im Programmheft, andere geben auf, stehen auf und gehen mit unglücklichen Gesichtern. Theater findet nicht statt im Raum. Nur Klang. Der weht ums Publikum herum und über es hinweg, scheint sich zu verstecken und von ganz woanders zurück zu kommen. Die Solisten, die Schola Heidelberg und das Ensemble Modern leisten Großartiges, musizieren konturiert, aber nie fest, stellen Stimmen, Töne, Geräusche in den Raum, lassen sie schwimmen und schweben. Ingo Metzmacher und Matilda Hofman meistern die Herkules-Aufgabe, diese Klänge zu koordinieren und zu gestalten, nahezu unübertrefflich. Und André Richard und das Experimentalstudio des SWR legen die Richtungen fest, sind verantwortlich für die Klanggeometrie. Alles perfekt, alles sinnlich. Aber kein Theater.