Der kleine Horrorladen im Theater Münster

Fetzig und funkelnd

Leichenteile auf der Bühne? Eine außerirdische Pflanze, die die Welt erobern will? Und das auch noch ausgerechnet in einer miesen Vorstadtgegend? Kein Plot scheint mehr schräg genug für das TheaterJugendOrchester (TJO) des Theaters Münster. Gestartet einst als Trainingsmöglichkeit für junge Musiker, um den Opernalltag kennen zu lernen, ist es in den letzten Jahren zu einem Projekt geworden, dass Jugendliche nicht nur im „Orchestergraben“, sondern auch auf der Bühne in einem konzentriert erarbeiteten Projekt zusammenführt. Dieses Mal also Alan Menkens Der kleine Horrorladen. Schaurig-schön zelebrieren alle Beteiligten die Geschichten vom schüchternen Blumenladen-Angestellten Seymour, die diese kleine, putzige Pflanze „Audrey Zwo“. hegt und pflegt, die nur mittels einer (einzigen) Nahrung gedeihen kann – Menschenblut! Am Ende verschlingt sie sogar ihren Schöpfer und schickt sich an, ihre Tentakeln über den Globus auszubreiten. Das ist irgendwie auf schauerhafte Weise realistisch. Ist Audrey eine Kapitalismus-Krake oder Spiegelbild dafür, was Menschen bereit sind zu tun, um „Erfolg“ zu haben?

Doch Grusel kann auch Spaß machen. Das zeigen die professionell auftretenden Mitarbeiter unter Regisseurin Anne Verena Freybott und vor allem ihre jugendlichen Akteure auf der Bühne und im Orchester. Da geht die Lust am Theater in die Beine und in die Hände, die zu stürmischem Applaus nur so animiert werden. Denn es gibt alles, was ein Musical braucht: opulente Tanzszenen, eine Liebesgeschichte und groovende Musik. Was für’s Herz also, aber auch nachdenkenswerte Momente, gepaart mit einem Schuss Boshaftigkeit. Welch’ wunderbare Mischung.

Und Freybott formt aus ihren Akteuren ein großes Ganzes, das den Horrorladen zum Wackeln bringt - mit schönen Ensembleszenen, sensiblen Charakterzeichnungen und einer gehörigen Portion Humor. Ein absolut rundes Erlebnis, das auch Jürgen Knautz am Dirigentenpult und sein Orchester perfekt abrunden. Seine jungen und sehr jungen Musiker schaffen eine zauberhaft-gruselige Stimmung, aber rührend-romantische Momente.

Und die Solisten sind ganz wunderbar auf ihre Rollen vorbereitet. Manch einen sieht man schon in einer „großen“ Musical-Produktion auf der Bühne stehen. Tanzen, Spielen und Singen – vor diesem „Dreisprung“ braucht sich niemand zu fürchten.

Ganz feine Musical-Umsetzung und ein Händchen für eine tolle Programmauswahl prägen das TJO in Münster  im Jahr 2016.