Jagd auf die Liebe
Ein künstliches Wesen, das auf Mord konditioniert ist: Immer, wenn das Wort „Liebe“ ausgesprochen wird, aktiviert sich in Yolimba der Killerinstinkt. Sie bringt den Liebenden sofort zur Strecke. Das Szenario hört sich ganz nach Science-Fiction-Thriller an, ist aber der Fantasie des Komponisten Wilhelm Killmayer und seines Librettisten Tankred Dorst entsprungen. In ihrer musikalischen Posse erzählen sie absolut kurzweilig vom Angriff des spießigen Magiers Möhringer auf die Liebe, die er ausrotten möchte. Und von ihrem letztlichen Triumph. Denn der fesche Herbert zeigt Yolimba, wie es ist, verliebt zu sein und sie vergisst alle Tötungsabsichten. Und den fiesen Möhringer entsorgt die Müllabfuhr.
Killmayer schafft einen heiteren Abend, der von seinem wilden musikalischen Stilmix lebt: Oper, Operette, Musical mischen sich munter miteinander. Koloraturen sind genauso zu vernehmen wie Kantaten-Anklänge und eine veritable Fuge. Da kommt keine Langeweile auf. Warum Yolimba im Repertoire kaum eine Rolle spielt, bleibt unverständlich - gerade wenn das kleine Juwel mit soviel Liebe blank poliert wird wie jetzt im Theater Münster.
Dort wird es zu einem glitzerndem Stein im Gefüge eines glanzvollen Jahres. Westfälische Schule für Musik, Musikhochschule und Sinfonieorchester feiern ihr einhundertjähriges Bestehen und beweisen mit Yolimba erneut, wie erfolgreich Kooperationen untereinander sein können.
Dazu liefert in diesem Fall auch und besonders das Projekt des Theaterjugendorchesters (TJO) seinen wichtigen Beitrag: Wie seit 20 Jahren schon coachen einmal im Jahr Profis des Orchesters junge Musiker und zeigen ihnen, wie unter Profibedingungen gearbeitet wird. Diese erfolgreiche Institution wurde schon vor Jahren in einige andere Opernhäuser (etwa Gelsenkirchen und Kassel) exportiert.
Intendant Ulrich Peters verknüpft als Regisseur die vielen kleinen Szenen zu einem spritzig-bewegungsreichen Ganzen. Er sorgt für viele Momente der Komik und Ausstatter Andreas Becker sorgt mit intensiven Farben dafür, dass das Publikum sehr gerne hinschaut. Trotz allem Tempo, aller Komik lassen sie Yolimba aber seinen durchschimmernden Hauch von Vergangenheit der 1960er-Jahre, in denen das Stück entstand.
Der Opernchor, aus dem viele kleine Solopartien adäquat besetzt werden, zeigt sich von Joseph Feigl bestens vorbereitet und in großer Spiellaune. Das gilt auch für Claudia Rundes Kinderchor der Westfälischen Schule für Musik.
Youn-Seong Shim, Pascal Herington und Stefan Sevenich sind ein virtuoses Trio, das sich als Polizisten nur zu gern von Yolimbas Verführungen hingibt. Gregor Dalal als Möhringer lässt den Bühnenraum mit Stimmgewalt förmlich moralinsauer erzittern. Und Marielle Murphy in der Titelrolle folgt mit ihren beweglichen Koloraturen und Ausflügen in höchste Sopranhöhen ihrem Vorbild: der Puppe Olympia aus Hoffmanns Erzählungen.
Doch es ist das gesamte Ensemble, das den Erfolg dieser Produktion rundet. Die gute Leistung Aller ist hier das Salz in der Suppe. Dazu trägt auch das TJO unter Thorsten Schmid-Kapfenburg bei, das sich mit allen (Stil-)Wassern gewaschen zeigt.
Großer Beifall für eine Produktion, mit der die drei 100. Geburtstage und die 20. Produktion des TJO fein gefeiert werden.