Übrigens …

In jeder Beziehung im Köln, Theater am Dom

Echt zum Lachen

Boulevardtheater wandeln eigentlich immer auf einem schmalen Grat. Auf der einen Seite gehört leichte Unterhaltung zur selbstauferlegten, lieben Pflicht, auf der anderen Seite möchte man ein gewisses Niveau nicht unterschreiten. Heikle Themen wie Altersliebe oder Treueverhalten geraten Komödien häufig platt und/oder rutschen verbal unter die Gürtellinie. Mitunter fehlt es auch an den rechten Schauspielern. Selbst ein anerkannter Boulevardier wie der vor einige Zeit verstorbene Wolfgang Spier konnte einem auf den Geist gehen, wenn er mit seiner 80jährigen Fistelstimme noch den Hans Dampf in allen Betten zu suggerieren versuchte. Eine wirklich völlig verunglückte Besetzung wie 2010 bei Reifeprüfung (nach dem 1967er-Film mit Anne Bancroft und Dustin Hoffman) gibt es im Theater am Dom freilich nicht alle Tage. Jenny Elvers-Elbertzhagen bot lange Beine, sonst aber nichts. Bei In jeder Beziehung hatte man aber unter anderem Jochen Busse aufzubieten.

Aus der Situation des Stückes ließe sich auch eine Tragödie gestalten, Leah und Paul könnten nach 24 Jahren etwas angegrauter Zweisamkeit ohne weiteres auf der Couch eines Eheberaters landen. Nun ja, wenn man so will, haben die beiden auch einen, vielmehr zwei. Diese Freunde propagieren Genuss an (mitunter drastischem) Sex. Wie Dieter in seiner Macho-Haltung zuletzt aber einen massiven Dämpfer verpasst bekommt, wie sich Katja von einem stets „empfangsbereiten“ Betthupferl zu einer biederen Hausfrau mausert, ist dann freilich ziemlich schräg, passt aber zu der längst euphorisierten Dramaturgie der Komödie. Auch die ergänzende Lovestory eines jungen Paares nimmt man amüsiert an.

Im Mittelpunkt freilich steht das ersterwähnte Ehepaar. Leah und Paul sind durchaus nicht blind für den leichten Grauschleier, der sich über ihre Ehe gelegt hat. So lassen sie sich - nach erheblichem Zögern und moralischem Aufbäumen allerdings - auf den Rat ein, erotisch doch noch einmal auf die Pauke zu hauen. Gut organisiert und zeitlich limitiert soll ein paralleler Seitensprung laufen. Daraus ergeben sich wahrlich fidele Momente. Freilich passiert Im Grunde „nichts“, aber die von Leah und Paul einigermaßen spießerhaft erlebten Situationen des „Es könnte immerhin sein…“, gewürzt mit heißen Eifersüchteleien, führen dazu, dass man sich neu ins Visier nimmt. Die rosaroten Kostüme von Hannelore Martinez unterstreichen diese positive Wende.

Ein Allerweltsgeschehen wie gesagt. Die Autoren Lars Albaum und Dietmar Jacobs, einmal nicht dem amerikanischen Lebensraum entstammend, verstehen sich allerdings auf virile Wortspielereien und zuspitzende Anzüglichkeiten, die auch schon mal (Seitenhiebe auf Realpolitiker) etwas selbstverliebt ins Kabarettistische rutschen. Jochen Busse ist freilich ein (manchmal stark ins Publikum spielender) Darsteller, der notfalls auch Plattitüden mit unterschwelliger Ironie goutabel macht. Da muss Claudia Rieschel zwangsläufig etwas zurückstehen. Nun ist Leah freilich auch die intellektuellere Hälfte in der Ehepartnerschaft. Monica Kaufmann, von Hannelore Martinez wirklich brillant eingekleidet, versteht es, die Libertinage von Katja elanvoll und sogar sympathisch auszuspielen. Die analoge Figur von Dieter ist eindimensionaler, was Marko Putisek nicht ganz auffangen kann. Nett das junge Liebespaar (Kerstin Radt, Fabian Goedecke).

Tom Presting gelingt es, trotz begrenzter Möglichkeiten auf der kleinen, von drei Seiten her einsehbaren Bühne des Theaters am Dom ein Interieur von modernem Chic zu zaubern. In seiner 14. Regie vor Ort bringt Horst Johanning die Theaterwelt sicher nicht in Aufruhr. Der Leiter des Contra-Kreis-Theaters Bonn inszeniert aber gekonnt, temporeich und situationswitzig, routiniert also im besten Sinne. Das Stück gewinnt dadurch nicht wenig.