Übrigens …

Apologia im Theater Münster

Eine schöne Geburtstagsfeier

Viele Bücher und Memoiren gibt es mittlerweile von Kindern der Engagierten der 68er-Bewegung. Alexi Kaye Campbell hat in Apologia dieses Thema aufgegriffen und schildert die Konflikte von Kristin und ihren Söhnen Peter und Simon. Die emanzipierte Kunsthistorikerin hat ihre Memoiren geschrieben und ob der Engagiertheit in politisch-emanzipatorischen Fragen einfach ihre Söhne, die beim Vater aufwuchsen, nicht erwähnt.

Das kann Peter, der Banker, besser wegstecken als der depressive Simon. Aber dennoch kommt es am Geburtstag der Mutter – immer passend für Grundsatzdebatten – zum Eklat. Gefühle, die lang verschüttet waren, brechen auf und führen zu heftigen Debatten.

Dabei ist deutlich zu spüren, dass Kristin zwar gewohnt ist zu diskutieren und messerscharf zu argumentieren, aber abblockt, wenn es um ihre Gefühle geht.

Petra Luisa Meyer inszeniert die deutschsprachige Erstaufführung am Theater Münster in einer von Wiebke Horn entworfenen schicken Designerwohnung. Hier entwickeln sich immer wieder Dialoge, die boulevardhaft-leicht beginnen, dann mit scharfer Florettklinge ausgetragen werden und irgendwann leicht betreten machen.

Und das gilt nicht nur, wenn die Mutter mit den Söhnen streitet. Spannend wird es besonders, wenn sie auf deren Freundinnen trifft. Die Soap-Actrice Claire – hohl, aber mit viel Gefühl - ist ein dankbares Opfer. Gucci-Taschen lässt Kristin eben nicht durchgehen. Claudia Hübschmann gibt die Claire angrifflustig, aber letztlich unterlegen.

Trudi hingegen, christlich-freikirchlich sozialisiert, wirkt anfangs naiv, ist aber in Wirklichkeit die einzig ebenbürtige Gegnerin für Kristin, weil auch sie genauso fundamentalistisch argumentiert. Lilly Gropper gibt sie entwaffnend naiv und kompromisslos zugleich.

Das Stück ist eines über Frauen - und so bleiben die Söhne, was sie immer waren: Opfer ihrer starken Mutter und Wachs in den Händen jeder Frau, die sie anzupacken weiß.

Der ganze Abend ist eher heiteren Charakters, der aber nie den bitteren Beigeschmack dieser Familienfeier vergessen lässt - gleich wie viel Alkohol auf der Bühne auch vernichtet wird. Auch wenn die Konflikte vielleicht nicht über den kompletten Abend tragen und etwas an Intensität verlieren, bleibt immer Spannung erhalten.

Für die komischen Elemente sorgt Kristins schwuler Weggefährte Hugh, dem Hartmut Lange auch beim Erbrechen Würde verleiht. Aurel Bereuter sorgt in seiner Doppelrolle für die innehaltenden Momente: Er zeigt beide Söhne in ihrer Verletzlichkeit. Und Regine Andratschke als Kristin kann einen Charakter in seiner Vielfalt zur Gänze beglaubigen.

Ein Saisonauftakt, der die ganze Bandbreite des Theaters beleuchtet.