Eine Insel voller Poesie und Liebe
Von Antonio, seinem eigenen Bruder, als Herzog von Mailand abgesetzt und aus seiner Heimat vertrieben, strandete er vor zwölf Jahren mit dem damals dreijährigen Töchterchen Miranda auf einer einsamen Insel in der Karibik.
Doch das erzwungene Exil dürfte diesem Prospero gleichwohl recht gut gefallen haben. Hüpft doch gleich zu Beginn ein Zauberwesen um ihn herum, zwitschernd und vergnügt wie ein verliebtes Mädchen. Quicklebendig und alles andere als „geistig“, wickelt dieser sehr weibliche Luftgeist namens Ariel seinen Herrn und Zaubermeister spielend um die Finger. Da sorgt auch ein Hauch Erotik dafür, dass das Inselleben so angenehm wie möglich verläuft.
Überhaupt sind die weiblichen Wesen schnell auf der Liebesschaukel Ihrer Gefühle. Dass etwa Prosperos Tochter, nun zarte 15 Jahre alt, ganz aus dem Häuschen ist, als sie den schiffbrüchigen Königssohn Ferdinand vor sich sieht, den ersten und einzigen (fremden) Mann in Ihrem Leben, kann kaum verblüffen. Kennt sie doch keinen anderen – und hat demnach keinen Vergleich.
William Shakespeares Sturm, das vermutlich letzte Drama des großen Meisters, etwa 1611, fünf Jahre vor seinem Tod geschrieben, ist in der Inszenierung der „Theaterachse“ aus Salzburg ein warmer Windhauch aus Poesie, Zauber und Liebes-Kunst.
Stürmisch beginnt es. Prosperos einstige Widersacher werden dank seiner Zauberkräfte durch einen Sturm auf sein Eiland geschwemmt. Der König von Neapel, Alonso; sein Sohn Ferdinand, besagter Liebes-Blitz für Miranda; Alonsos Bruder Sebastian, zudem Prosperos verräterischer Bruder Antonio und der alte Gonzalo, der einst Prosperos Leben gerettet hat.
Rache will der Herr der Insel nehmen, die Verräter und ihre Mischpoke zur Rechenschaft ziehen. Doch sehr bald breiten sich Ruhe und Seelenfrieden aus. Prosperos Rachegelüste ebben ab und einem Happy End steht schließlich nichts mehr im Wege.
„Die Theaterachse“ aus Salzburg, eine freie Truppe, die sich, mit wechselnder Besetzung, rund um den Schauspieler und Regisseur, Musiker und Autor Mathias Schuh entwickelt hat, präsentiert einen „Sturm“, der, stark gekürzt, auf angenehme Art und unprätentiös daherkommt. Lust am Spiel treibt die zauberhaft unwirkliche Handlung voran und die geplante Rache führt, nach köstlich lockeren Spielszenen, in denen fünf Mimen in über ein Dutzend Rollen schlüpfen, in ein Happy End. Wahrlich ein „Stoff, aus dem die Träume sind“, wie sich Prospero vernehmen lässt. Um hinzuzufügen: „Unser kleines Leben ist von einem großen Schlaf umringt“.
Das Quintett aus Salzburg - Victoria Morawetz, Peter Malzer, Ute Hamm, Wolfgang Kandler und Larissa Enzi in über einem Dutzend Rollen - sorgt mit seiner Spiel- und Gesangs-Freude über zwei Stunden lang freilich dafür, dass im Zwölfeck des „Globe“ an Schlaf keine Sekunde zu denken war.