Eingeladen zur Hauseinweihung
Das großzügige Foyer des FFT füllt sich langsam, man sitzt auf kreuz und quer stehenden Kisten. In der Mitte steht ein opulenter Blumenstrauß. Man wird zu seiner Motivation befragt und vermutet, dass das schon Teil des Theaterabends sein könnte. Doch dem ist nicht so, wohl aber die Aufforderung, sich eine Blume aus dem Strauß zu nehmen. Ein bisschen lästig, die Lilie über den ganzen Abend in der Hand halten zu müssen. Doch dem ist wiederum nicht so. Die Tür zum Theatersaal wird geöffnet und man übergibt die Blume dem „Gastgeber“, der uns empfängt und dabei einen Willkommensdrink anbietet: Sliwowitz oder Tomatensaft. Dann steht man rum, hört, dass in der Gegend um Mink früher - zu Großeltern-Zeiten - jeder in seinem Keller seinen ganz eigenen Sliwowitz brannte, jeweils mit ganz eigener Geschmacksnote.
Ob wir es wollen oder nicht, es wussten oder nicht: wir alle sind Gäste einer Hauseinweihung, wir alle sind Mitspieler! Die Gastgeber stellen sich vor, heißen uns willkommen und bitten uns, an einer langen vorbereiteten Tafel Platz zu nehmen. Wie bei einem richtigen Familienfest fehlen ein paar Stühle, man rückt zusammen, zwängt an der Ecke noch einen Stuhl dazwischen, am Ende hat man sich zurechtgeruckelt. Für Getränke ist gesorgt, Saft und Schnaps stehen in Flaschen auf dem Tisch. Später gibt’s auch noch leckeren Käsekuchen und Häppchen, die eine Gruppe zuvor bereitete. Doch die Harmonie wird gestört, ein Vorhang teilt die Gäste in zwei Gruppen: die Destruktion der häuslichen Idylle setzt sich in Gang. Auf unserer Seite erzählt Kornelius etwas bizarre Familiengeschichten, dabei werden Nüsse geknackt und alle möglichen Gegenstände, Klöppel, Löffel, Dosen, Schüsseln und anderes auf dem Tisch ausgebreitet, mit denen später eine Percussion-Darbietung stattfindet. Dafür müssen Plätze geräumt, die Ordnung durcheinandergebracht werden. Schließlich bricht ein Streit aus unter den Einladenden, wie die musikalische Darbietung am besten zu bewerkstelligen sei. Doch man verträgt sich wieder, bringt ein Kinderlied zur szenischen Aufführung, überhaupt gibt es immer wieder Musik zwischen alten Familiengeschichten.
Wie bei richtigen Familienfesten kommt nach dem Essen die Party: Die Subbotniks finden sich im ungenutzten Teil des Raums zusammen, bewegen sich behutsam zu sanfter Musik, legen dann zu, holen die Gäste auf die Tanzfläche und schließlich wird gemeinsam lebhaft getanzt.
Ermüdet setzt man sich, eine Stoffwand wird gespannt und man guckt Film. Die Videokünstlerin Elza Gubanova hat das Geschehen des Abends mit der Kamera begleitet, jetzt sehen wir uns selbst im schnell geschnittenen Video.
Eine gelungene Überraschung - wie ja genau genommen der ganze Theaterabend - bei dem wir Gast und Mitspieler zugleich waren.
Insgesamt eine interessante Auseinandersetzung der acht Theaterleute mit der Veränderung häuslichen Lebens, von Haus und Familie. Sie blättern in imaginären Familienalben, erinnern sich, hinterfragen dabei so manches. Dabei zu sein macht Spaß und regt zum Nachdenken an. Das Langzeitprojekt der Theatergruppe zum Thema Haus/Doma zieht sich über drei Jahre hin und untersucht das Motiv des Hauses als Bild gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es gelingt ihnen in spielerischer, unmittelbar ansprechender Form.
Es gab dankbaren, herzlichen Applaus von etwas über zwanzig Gästen.