Mit Klassik gut angekommen
Der Freundeskreis ist gewachsen, obwohl Tanya und Julio Acevedo ihre Tänzerkarriere offiziell beendet haben. Stars der Internationalen Ballettgala von balletto and friends waren diesmal neben Gästen aus verschiedenen Ländern die Nachwuchstänzer aus der eigenen Schule und der balletto dance company. Das Paar lud zur vierten Gala erstmals ins Große Haus des Theater Münster, das rappelvoll war mit bestens gestimmten, applausfreudigen Tanzfreunden. Moderator Carsten Höfer führte launig und mit dick aufgetragenen Schmeicheleien durch das Medley aus einem Dutzend Pas de deux, Solos und kleinen Ensembles.
Tatsächlich waren einige Bonbons dabei. Der Chilene César Morales, seit 2008 Solist beim Birmingham Royal Ballet, begeisterte mit überaus eleganter klassischer Technik und hinreißender Ausstrahlung als feinsinnig sensibler Liebhaber Romeo in der Balkonszene aus Prokofieffs "Romeo und Julia" zusammen mit der entzückenden, zarten 22-jährigen Lisa Breuker als Julia - einer gebürtigen Burgsteinfurterin, die es bereits ins Corps de ballet des Staatsballetts Berlin geschafft hat. Als blind verliebter, schwärmerischer Prinz Siegfried ließ sich Morales geradezu mitleiderregend von Tschaikowskys eiskalt verführerischem schwarzen Schwan Odile, getanzt von der Solistin des Aalto-Balletts Essen, Carolina Boscán, aufs Glatteis führen. Die Ballerina aus Venezuela machte auch beste Figur in der spritzigen Santanella aus Karneval in Venedig mit dem athletisch kraftvollen Kévin Pouzou. Der französische Halbsolist des Staatsballetts Berlin profilierte sich besonders in dem düsteren, modernen Liebes-Duett Transparente mit der überaus geschmeidigen Japanerin Marina Kanno, ebenfalls Halbsolistin am Staatsballett Berlin, die auch im berühmten Grand Pas Classique von Victor Gsovsky an der Seite von Kévon Pouzou glänzte.
Der sympathische, zierliche Japaner Takanori Mima machte beste Figur in dem Pas de deux Diana und Actaeon von Agrippina Waganova mit Lisa Breuker und zeigte seine darstellerische Ausdruckskraft in einem Solo von Julio Azevedo, vorangestellt dessen Gruppenchoreografie La callesitas de Buenos Aires auf Tangorhythmen von Astor Piazolla, in der sich vier junge Damen der balletto dance company präsentierten. Solist war er außerdem in der afrikanisch anmutenden Choreografie Word of Mouth von Acevedo. Sehr brav und ernst präsentierten drei Eleven der Ballettschule ihren Pas de trois aus dem Nussknacker (Antonia Wilm, Maria Sophie Frenz, Marcello Acevedo).
Bunt ging es zu bei den beiden Auftritten des Südafrikaners Thoriso Magongwa. Den legendären Geist der Rose (Le spectre de la rose von Michel Fokine) auf Carl Maria von Webers Aufforderung zum Tanz tanzte er mit der Spanierin Ana Maria Aras Valdivia in der unsäglich rosa-rot-weiß verfremdeten Originalkostümierung. Seine Hommage auf Nelson Mandela war eine androgyne Nummer von geradezu anrührendem Reiz.
Diese Gala bringt Farbe in die erfreulich vielfältige münstersche Tanzszene. Neben der Avantgarde im Pumpenhaus, dem zeitgenössischen Tanztheater am Theater kam die Klassik lange Jahre zu kurz. Mit ein wenig Geschick könnte hier eine schöne Tradition wachsen.