Die Saison der diesjährigen Theater-Festivals in NRW beginnt
Der diesjährige Reigen der Theater-Festivals in Nordrhein-Westfalen beginnt auch 2024 wieder mit den traditionsreichen Ruhrfestspielen in Recklinghausen am 1. Mai. Das Motto der bis zum 8. Juni laufenden Festspiele lautet „Vergnügen und Verlust“. Rechtzeitig zum Festival-Auftakt erhielten die Ruhrfestpiele im 77sten Jahr ihres Bestehens noch im April die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe in NRW.
Was 1947 - nur zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges - in Recklinghausen zunächst als fünftägiges Ereignis am 28. Juni begann, wurde schnell zu einem der größten und wichtigsten Theaterfestivals in Europas, das sich seit seiner Gründung immer auch als politische Veranstaltung versteht. Die diesjährige Ausgabe kommt mit 90 Produktionen und 220 Veranstaltungen daher. Neben richtungsweisenden Schauspiel- und Theaterproduktionen aus der ganzen Welt, deutschsprachigen Inszenierungen, Literatur, Neuem Zirkus und Kinder- und Jugendtheater stehen auch Bildende Kunst sowie Musik und Kabarett auf dem Programm. Erwartet werden zahlreiche Schauspielerinnen und Schauspieler von vielen großen Theatern aus dem In- und Ausland.
Vier Tage nach dem Start der Ruhrfestspiele geht im rheinischen Neuss am 4. Mai der Vorhang hoch für das Shakespeare-Festival im hölzernen Nachbau des Londoner Globe-Theaters. 13 Companien aus Deutschland und der ganzen Welt reisen an den Rhein. Insgesamt stehen 25 Veranstaltungen auf dem Programm. Die internationale Vielfalt und der Bezug zu aktuellen Weltgeschehnissen sei auch diesmal ein besonderes Anliegen, so Festival-Intendantin Maja Delinic bei der Vorstellung des Programms.
Sicherlich viel Beachtung finden wird wohl eine israelisch-palästinensische Theatergruppe aus Tel Aviv, die Shakespeares Tragödie Romeo und Julia in den Nahen Osten verlegt, wo der israelisch-palästinensische Konflikt den Rahmen des Plots bildet. Zudem ist ein Schauspielensemble aus der vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Ukraine zu Gast, das eine Parallele von Shakespeares Ein Sommernachtstraum zu den ukrainischen Symbolen, Mythen und Ritualen zieht. Das Festival im Globe-Theater Neuss läuft bis zum 25. Mai.
Ebenfalls am 4. Mai starten in Mülheim/Ruhr die weit über Deutschland hinaus bekannten Mülheimer Theatertage, die Stücke 2024. Insgesamt stehen zwölf Inszenierungen deutschsprachiger Bühnen auf dem Programm. Am Ende der inzwischen 49. Theatertage steht die Vergabe von insgesamt 30.000 Euro an Preisgeldern für die besten deutschsprachigen Stücke für Erwachsene und für Kinder an. Die traditionsreichen und angesehenen Theatertage in Mülheim/Ruhr dauern bis zum 25. Mai. Spielstätten sind die Stadthalle Mülheim, das Theater an der Ruhr von Roberto Ciulli und der Ringlockschuppen.
Nominiert für die Erwachsenen-Stücke sind Aufführungen von Rwe Benbenek, Sivan Ben Yishai, Rainald Goetz, Thomas Köck, Falk Richter, Roland Schimmelpfennig und Felicia Zeller. Bei den Kinder-Stücken wurden Aufführungen von Marion Brasch, Iona Daniel, Thomas Freyer, Henner Kallmeyer und Armela Madreiter ausgewählt. Die Auswahlgremien haben aus mehr als 200 deutschsprachigen Uraufführungen in der vergangenen Saison sieben für den Mülheimer Dramatikerpreis und fünf für den Mülheimer Kinder-Stücke-Preis 2024 nominiert. Alle Stücke kommen in der Uraufführungsfassung des Theaters auf die Bühne, die das Stück erstmals herausgebracht hat.
Das Impulse-Theater-Festival des NRW-Kultursekretariats findet in diesem Jahr vom 29. Mai bis zum 9. Juni statt. Hauptspielorte sind erneut Düsseldorf, Köln und Mülheim/Ruhr. Die Impulse gelten seit über dreißig Jahren als das wichtigste Festival des Freien Theaters. Eine Jury hat neun herausragende und herausfordernde Produktionen des vergangenen Jahres für das Programm des Showcase ausgewählt. Die Stücke werden in Kooperation mit der Studiobühne, der TanzFaktur in Köln und im Depot des Schauspielhauses Köln präsentiert.
Auf dem Programm der Impulse 2024 stehen unter anderem Produktionen des Forum Freies Theater in Düsseldorf, des Jungen Schauspielhauses Bochum in Koproduktion mit Theatre-Rites, des Tanzhauses NRW/Düsseldorf, des Jungen Schauspielhauses Düsseldorf, des Theater Kohlenpott, Herne und des Consol Theaters Gelsenkirchen. Die Produktion Museum of uncounted Voices wird in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen sein. Die Arbeit „Der rosa Winkel - Die Geschichte der Namenlosen“ wird als Teil des Festivals im brut nordwest in Wien gezeigt.
Vom 1. bis zum 8. Juni findet Westwind als eines der bundesweit renommiertesten Theaterfestivals für junges Publikum in Essen statt. Zu größten Teilen finanziert vom NRW-Kulturministerium wird Westwind jährlich von einem anderen professionellen Kinder- und Jugendtheater in NRW ausgerichtet. In diesem Jahr lädt das Maschinenhaus Essen/Theater der kommenden Generationen zur inzwischen 40. Ausgabe des Festivals ein. In Kooperation mit PACT-Zollverein und dem Schauspiel Essen werden die aktuell zehn sehenswertesten NRW-Produktionen zu erleben sein, hieß es im Vorfeld des Festivals.
Das international bekannte Kulturfestival Ruhrtriennale beginnt in diesem Jahr am 16. August. Das „Festival der Künste“ ist bis zum 15. September terminiert und bespielt auch 2024 wieder eine Vielzahl ehemaliger Industriehallen, Maschinenhäuser, Kokereien und Halden in mehreren Städten des Ruhrgebiets. Spielstätten sind unter anderem in Bochum, Duisburg, Essen und Gladbeck. Geboten wird dem Publikum neben Schauspiel auch Musiktheater, Konzerte, Tanz, Performance, Installation, Literatur und Film.
Intendant Ivo Van Hove erklärte kürzlich bei der Präsentation seines ersten Ruhrtriennale-Programms: „Ein Festival sollte wie ein Feuerwerk sein, das in Zeitlupe explodiert, es soll das Publikum überraschen und begeistern. Ein Festival ist immer auch ein Fest.“ Das Motto der Ruhrtriennale 2024-2026 lautet nach den Worten des Intendanten „Sehnsucht nach morgen“. Eine der sicherlich schönsten Theaterabende ist wahrscheinlich die Inszenierung Berenice von Jean Racine mit der weltberühmten Schauspielerin Isabelle Huppert. Darin verliebt sich der römische Kaiser Titus in die jüdische Königin Berenice und entdeckt, dass sie auch ihn liebt. Aber die Gesetze Roms verbieten eine Hochzeit.- Andreas Rehnolt
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