Übrigens …

Teutonia bei Smith & Co.

Die Bearbeitung von Leo Falls heute fast vergessener Erfolgsoperette Die Dollarprinzessin von 1907 darf als eine der besten Versuche des ZDF gelten, das kriselnde Genre der Operette in den 70erJahren mit Fernsehverfilmungen neu zu beleben.

Natürlich treten auch hier die Hauptmankos des Fernsehens jener Jahre offen zu Tage. Zur Verhüllung der allgemeinen Postwirtschaftswunderbiederkeit – um nicht zu sagen: Verklemmung – kommt alles immer eine Spur, oder mehr, zu laut daher. Und aus Angst irgendjemanden unterwegs zu verlieren, muss alles immer mindestens doppelt erklärt werden.

Wenn man diese Manierismen als historische Patina betrachtet, kann man an der jetzt bei Arthaus erschienenen Verfilmung einen Riesenspaß haben.

Ein in New York ansässiger steinreicher Ölbaron sammelt Domestiken mit Stammbaum. Seine Tochter Alice hat dagegen nur Augen fürs Geschäft. Und ein bürgerlicher deutscher Kleinunternehmer namens Freddy hat nur Augen für sie. Deswegen ist er nach New York gereist, um sich inkognito bei ihr anstellen zu lassen. Es funkt schnell, aber Eitelkeiten kommen dazwischen. Freddy wird selbst Ölbaron. Versöhnung in Colorado.

Im 16köpfigen Ensemble wurde, bei diesem Stück richtigerweise, komplett auf klassisch ausgebildete Sänger verzichtet. Darstellerisch schlagen die Damen die Herren um Längen. Tatjana Iwanow, eine Musical-Größe jener Zeit, gibt die Zirkustänzerin Olga, die den Ölbaron als russische Großfürstin um den Finger wickelt, mit gelassenem Charme und sonorem Organ. Gabriele Jacoby, Österreichs erste My Fair Lady, spielt ungekünstelt das „Rühr-mich-nicht-an“, das nur für seine Arbeit lebt, Regina Lemnitz bezaubert als berlinerndes Nesthäkchen und Ingrid van Bergen absorbiert einen geradezu mit ihrem wilden Couplet als verlassene Puffmutter im wilden Westen. Alle vier wirken spontan und ausstrahlungsstark. Der aus dem Komödienstadel bekannte Gerhard Lippert bleibt als Freddy dagegen blass, auch wenn er den Hit „Das sind die Dollarprinzessen“, vermutlich mit Hilfe des Toningenieurs, sauber absolviert. Die Boulevardschauspieler Horst Niendorf, Stefan Behrens und Wolfgang Spier machen ihren Job, der Schlagersänger Randolph Rose serviert seine Einlage mit Schmiss. Bert Dreyer hat Falls Musik kundig arrangiert. Vieles klingt nach Revue, manches nach Musical, fast alles charmant. Nur das Finale wirkt etwas vollgestopft. Bert Grund und das Symphonieorchester Graunke verstehen sich als solide Begleiter.

Der Inszenierung von Klaus Überall kommt es zugute, dass auf Außenaufnahmen nahezu komplett verzichtet wurde. So bleibt eine schöne Künstlichkeit gewahrt. Der komplette Schlussakt in Colorado, im „Wilden Westen“ wirkt da wie eine augenzwinkernde Karnevalsparty. Hier gibt es auch einige kurze und köstliche, zwischen Fernsehballett-Biederkeit und herrlich politisch unkorrekter Absurdität hin und her eiernde Indianerchoreographien. Überhaupt tragen die Tanzszenen von Emil Brandl wesentlich zum Gelingen des Unterhaltungsfilmes bei.