Faschingsschwank aus Paris
Es ist Karneval in Paris! Da darf es ausgelassen zugehen, da ist Gelegenheit für alle möglichen amourösen Geschichten, die nicht unbedingt von Dauer sein müssen. Mit solchen sehr vorübergehenden Beziehungen aber hat Fürst Basil Basilowitsch selbstverständlich nichts am Hut. Er wünscht sich auf seine alten Tage lieber etwas Junges und Fesches und hat deshalb schon vor geraumer Zeit vorgesorgt. Angèle Didier, als Chansonette höchst erfolgreich, erfährt nämlich seine großzügige finanzielle Unterstützung – die jetzt endlich münden soll in... die Ehe mit ihm! Die buchstäblich fürstliche Investition soll sich ja schließlich lohnen. Der Graf von Luxemburg, der der Operette von Franz Lehár den Namen gab, dient als eheliche Zwischenstation: seine Scheinehe mit der Sängerin soll diese – im wahrsten Sinne des Wortes– adeln und gesellschaftlich aufwerten. Darauf jedenfalls legt Fürst Basilowitsch großen Wert.
Kaum verwunderlich, dass Basilowitschs Deal nicht aufgeht und René Graf von Luxemburg alles andere tut als die ein hübsches Sümmchen einbringende Scheinehe verabredungsgemäß zu beenden. Im Gegenteil: am Ende der turbulenten Pariser Tage kommt zusammen, was zusammengehört. Und das sind nicht nur Réne und Angèle!
Wolfgang Dosch, der operettenerfahrene Regisseur, nimmt den Stoff als das, was er zuallererst ist: als eine wirklich nette Unterhaltung mit im besten Sinne komischen Typen, die eigentlich nur dies wollen: Geld, Liebe – und am besten beides zusammen. Bunt und opulent geht es zu auf Nordhausens Opernbühne. Bernhard Niechotz wirft behutsam die Schatten von Sacré-Coeur und Moulin Rouge auf die Bühnenportale, lässt Karneval feiern unterm Eiffelturm, lädt ein in den liebevoll angedeuteten Club „Chat Noir“. Stets mit dabei: Witz und Ironie. Für das große Finale versammelt sich das ganze liebessüchtige Personal im Foyer des „Hotel Russe“, immer und überall temporeich bei der Sache, nicht zuletzt dank der hervorragend aufgelegten Ballettkompanie.
Was aber am meisten überrascht ist die musikalische Qualität dieser Inszenierung. Da lässt das Nordhäuser Ensemble keine Wünsche offen. Aaron Judisch in der Titelrolle ist ein nobel strömender Tenor voller Ausstrahlung, intonations- und höhensicher wie Marian Kalus, der dem etwas glücklosen Maler Armand Brissard genau den richtigen Tonfall gibt. Brissards Freundin Juliette Vermont verkörpert Elena Puszta stimmlich wie darstellerisch ganz fabelhaft, Anna Erxleben macht eine brillante Figur als Clubstar Angèle Didier. Einen wunderbar passenden rustikalen Touch bekommt der Fürst Basil Basilowitsch in Gestalt von Helmut Kleinen, gebieterisch gibt sich Uta Haase, die am Ende im „Hotel Russe“ als Gräfin Stasa Kokozowa ihren Anspruch auf den Fürsten anmeldet – und diesen auch bekommt! David Johnson ist ein so eifriger wie quirliger Varieté-Direktor, Jens Bauer ein russischer Botschaftsrat, wie er typischer kaum sein kann. Jung-Uk Oh schwebt durch die ganze Inszenierung als durch und durch tuntiger Monsieur Chichi, Dimitar Radev als Notar, Lukasz Ziólkiewicz als Standesbeamter und Matthias Röttig machen ihre Sache sehr gut, auch David Roßteutscher aus dem Ballettensemble in der Rolle des smarten Hotelboys. Eine ganz tolle Ensembleleistung, von der sich das hellauf begeisterte Premierenpublikum unmittelbar anstecken lässt.
Was wesentlich zu diesem Operettenglück hinzugehört, ist das Loh-Orchester Sondershausen! Dem liegt Lehárs Musik so richtig im Blut, lässt sie herzzerreißend schluchzen und selig träumen, leichtfüßig tanzen und romantisch schwelgen. Michael Ellis Ingram, seit dieser Spielzeit 1. Kapellmeister des Theaters Nordhausen, geht dabei sehr differenziert vor, mischt charakteristische Orchesterfarben und schweißt Bühnengeschehen und Instrumente zu schönster Einheit zusammen. Perfekt!