I Masnadieri im Nationaltheater Weimar

Eine Manifestation politischer Statements

„Weg mit dem Alten!“ – Karl Moor ist radikal geworden und an den rechten Rand gerutscht, um sich einerseits von seinem Vater, dem schwafelnden Bundestagsabgeordneten abzusetzen, andererseits von seinem Bruder Franz. Der ist der Wolf im Schafspelz an und für sich und hat sich der AfD zugewandt. Lediglich Amalia bleibt, was sie immer war: eine Romantikerin und politisch links stehend.

Volker Lösch und sein Team haben für Verdis Räuber Interviews geführt in Thüringens Polit-Szene jedweder Couleur, die Ergebnisse in Sprechblasen gegossen und optisch – anstelle von Übertiteln – dem gesungenen italienischen Libretto übergestülpt. Das funktioniert natürlich gut bei einer Oper wie I Masnadieri, in der es um Auflehnung, Wut und Rebellion gegen das Bestehende geht. Und eine Weile verstören auch all die zusammengetragenen Aussagen der Befragten zu ihrem Leben, ihren Wünschen und ihren politischen Vorstellungen. Da ist wenig Hehres, Großes, Einzigartiges, aber jede Menge an Banalität und Leere. Und Carola Reuther hat das auf der Bühne auch optisch sehr schön aufbereitet mit knalligen Farben, mit Sprechblasen, die ob ihrer unterschiedlicher Formen Gefühle symbolisieren und mit jeder Menge Comic-typischer Zeichen angefüllt sind. Das alles schafft wunderbare visuelle Reize – doch ansonsten tut sich auf der Bühne mit ein paar Requisiten wie Rednerpult und Bierkiste nicht viel. Da wird nämlich im Wesentlichen gestanden und gesungen. Und das ist von Lösch sicher beabsichtigt. Es geht ihm nicht um die Ausgestaltung von Figuren. Er bedient sich ihrer als Folie, um sie als Manifestation politischer Statements einzusetzen. Das ist legitim und für eine politische Deutung der Räuber sicher unerlässlich. Und dennoch kommt irgendwann Langeweile auf. Man fragt sich, welche Deutungsebene Volker Lösch der Musik Verdis einräumt – auf der Bühne nicht Schiller zeigt, sondern Verdi! Und da bleibt in Weimar ein großes Fragezeichen. Für Emotionen, Verstrickungen, Liebe und Hass, aber auch für eine bei Verdi angelegte feine Figurenkonstellation bleibt bei Lösch kein Raum. Und deshalb darf die Frage gestellt werden: Was bedeutet Lösch die Musik?

Gerade da gibt es ganz viel Tolles zu hören in Weimar: Im Ensemble glänzt Jaesig Lee als Karl Moor mit wunderbar flexibler, durchsetzungskräftiger Stimme. Aber auch Heike Porstein als Amalia, Alik Abdukayumov als Franz und Daeyoung Kim als der alte Moor schaffen stimmlich tolle Rollenportraits. Martin Hoff und der Staatskapelle Weimar gelingen ein quicklebendiger, fließender Verdi.

Volker Lösch und sein Team werden, nachdem sich der Vorhang gesenkt hat, einhellig bejubelt, viel Zwischenapplaus und starkes zustimmendes Gelächter gibt es schon mehrfach während der Premiere.