Mutter-Monster-Show im Bunker
Am Muttertag (!) besonders (?) passend: das Gerangel von Mutter und Ersatzmutter um den Sohn von Gunhild, Erhart, den Enkel des Bankiers John Gabriel Borkman. Mutter Gunhild Borkman will ihn als Rächer gegen den Vater einsetzen und die schwerkranke Pflegemutter Ella Rentheim als Erben ihres Namens. Doch Erhard (Jan-Peter Kampwirth) entflieht mit der 17 Jahre älteren Freundin Fanny Wilton (Kate Strong spricht in dieser Inszenierung fast nur englisch), die vorsorglich als Sexobjekt noch die unmündige Tochter Frida des erfolglosen Dramatikers Vilhelm Foldal (Matthias Bundschuh)nach Italien entführt.
Bühnenbildnerin Katri Nottrodt hat einen in Stufen ansteigenden, sich stark verjüngenden Bunker gebaut, in dem John Garbriel Borkman (mit ungewöhnlicher Körperfülle Josef Ostendorf) durch elektroakustisch paukenartiges Aufstampfen die seinen Umgang meidende Tochter Gunhild erfolgreich psychisch zu quälen weiß. Als Verfremdungsmittel setzt Regisseurin Karin Henkel verwittert aussehende, alte Gummimasken ein, die von den Schauspielern abgenommen, aber zur Steigerung von Verbitterung und gegenseitiger Bedrängung immer wieder erneut aufgesetzt werden. Echt brennende Kandelaber und hallige Kirchenmusik betonen die Toten-Tanz-Ebene der hier gefangenen, zur Ausweglosigkeit verdammten und einem fatalen Ende entgegeneilenden Handlungsträger. Gunhild (hinreißend: Julia Wieninger) spielt an einer Heimorgel und singt mit Ella einen Choral als schräges Duett, wozu Borgman jault wie ein räudiger Köter. Später stimmt er ein in ein zweistimmiges „Maria durch ein Dornwald ging“, und Fanny (Gala Winter) singt einen italienischen Schlager. Als Bravournummer tanzt die überaus gebrechlich und verwachsen gezeichnete Ella einen übertrieben exzessiven Verführungstanz, was sie dann aber in eine derartige Erschöpfung treibt, dass sie die Stufen nach oben anschließend nur mit mehrfachem Anlauf – oder mit Purzelbäumen – wieder erklimmen kann. Der Streit der Schwestern, der bereits im Kindesalter um einen Teddybär entbrannt war, welcher dabei von den Mädchen zerrissen wurde, dauert noch bei der Vorhangordnung an: „Das ist mein Applaus!“ – „Nein das ist mein Applaus!“.
Um die Intensität des Zuspruchs brauchten sich auch die übrigen Darsteller nicht zu sorgen. Das Publikum war – trotz einiger freier Plätze – mehr begeistert als bei den vorangegangenen Produktionen.