Zurück ins Paradies
Diese Welt ist geteilt. In Tag und Nacht, in Männerbund und Frauenpower, in Liebe und Hass, derweil sich vor allem Tamino und Pamina in den Wirren der Gefühle und Prüfungen schwer tun, ihre Identität und Authentizität zu finden. Da hat es Papageno natürlich leichter, denn der Naivling lebt den Tag und wird am Ende dafür auch noch belohnt: Papagena heißt der Sonderpreis. Aber auch Pamina und Tamino erleben die Erfüllung eines Traums, in dem die Gegensätze aufgelöst werden zugunsten einer Erfüllung: Und die heißt Liebe, während die beiden Protagonisten der alten Ordnung den Tod finden.
Zwar ist Liebe auch nur ein Wort, doch Regisseur Maximilian von Mayenburg und sein Ausstatter-Team mit Tanja Hofmann (Bühne) und der Kostümbildnerin Sophie du Vinage entwickeln dafür eine klare und überzeugende, szenische Sprache. Die Bühne wird beherrscht von einem kegelförmigen Gebilde mit umlaufenden Treppenstufen, obendrauf zwei kahle Bäume. Hälftig teilbar, scheiden sich bei Bedarf die Geister. Das scheint einfach gedacht, wirkt aber wundersam wandelbar, ist einfach gut und schön anzuschauen. Wo die Kostüme bunt sein sollen, wird geschmackvoll geschneidert; und die Priestermannschaft ist ins zwar übliche, aber naheliegende Weiß gekleidet.
Elias Grandy, nun in zweiter Saison Generalmusikdirektor des Theater Heidelberg, liefert gemeinsam mit dem sehr präsenten Philharmonischen Orchester eine bemerkenswert gute Partiturdeutung ab. Knapp in der Diktion, plastisch in der Klangsprache, pointiert in den Zuspitzungen und mindestens ordentlich in der Sängerführung. Das Ensemble verdient sich, wenn auch mit kleinen Einschränkungen, den heftigen Premierenbeifall. Rinnat Moriah als Königin der Nacht wird von der Regie als Biest gezeichnet. Passt, auch zum feinen, aber intensiven Vibrato ihrer Stimme. Einige Spitzentöne dieser höllischen Partie gehen knapp daneben. Schade. Namwon Huh ist als Darsteller ein feiner Tamino, auch sängerisch hat er Farben und ein gutes Legato, allerdings wirkt sein Tenor zuweilen etwas eng. Irina Simmes als Pamina ist so eine Art Publikumsliebling. Ihr jugendlich dramatischer Sopran hat Leuchtkraft, allerdings meint sie manchmal, in der Tongestalt etwas nachdrücken zu müssen, was die Gesangslinie beeinträchtigt. Ipca Ramanovic ist als Papageno ein agiler Spielbariton und Wilfried Staber ein Sarastro mit stabilen Tiefen. Als Monostatos wird Winfrid Mikus ins schwarze Federkleid gehüllt, als Papagena hat Regine Sturm wandelbaren Auftritt. Drei Damen sind gut, drei Knaben noch besser und insgesamt hat das Ensemble einschließlich Chor einen wirklich guten Auftritt.
Zurück ins Paradies als hoffnungsvolle Utopie suggeriert diese Zauberflöte am Heidelberger Theater. Schade, dass das nur im Märchen funktioniert. Aber wenn so schön musiziert wird, verfliegt jeder Kulturpessimismus.