Trauer trägt Penelope
Das ist einfach sehr gut umgesetzt: Auf der Drehbühne mit differenzierten Rotunde-Ebenen sind sich die Musiker auf ihren historischen Instrumenten und die Gesangssolisten ganz nahe und bescheren magische Momente. Odysseus kehrt nach zehnjähriger Irrfahrt heim, zuvor hatte er ja zehn Jahre lang den Kampf um Troja ausgefochten, Penelope wird von Freiern in der Hoffnung auf ein Königreich bedrängt. Odysseus, der sich als Bettler einschleicht und verspottet wird, schlachtet die Kerle ab. Und bleibt selbstquälerisch auf der Suche nach seinem eigentlichen Ich. Ein gebrochener Held, wie auch Penelope in fragiler Seelenlage „ihren“ Odysseus nicht erkennen will und dann eher unwillig als den lang ersehnten Gatten akzeptiert.
Regisseur Markus Bothe erzählt die Geschichte unheimlich dicht, nahe am Zuschauer, nahe an der Empfindsamkeit aller Figuren. Parallel dazu musiziert das Spezialisten-Ensemble „il Gusto Barocco“ in überragender Präsenz, weil sein Gründer und Leiter Jörg Halubek in sensibler und historisch begründeter Instrumentierung ein farbenreiches Klangbild zaubert. Er pointiert, aber er überzeichnet nicht, er macht die inneren Zustände der Figuren hörbar. Die bewegen sich auf den von Robert Schweer gebauten Bühnensegmenten vor, neben und hinter den Musikern, und in den Kostümen von Justina Klimczyk werden sie geschmackvoll typisiert. Die Freier plustern sich in Renaissance-Pluderhosen auf, in ihrem gockelhaftem Stolz sind sie nichtssagende Nichtsnutze.
Odysseus, von Nìkola Dìskì? mit ausdrucksstarkem Bariton überragend gestaltet, zückt in Ranger-Montur das Schlachtermesser, während Penelope in elisabethanischem Schwarz ihr Schicksal betrauert: Marie-Belle Sandis singt sie mit geschmeidig-anrührendem Alt. Auffallend sind auch Eunju Kwon mit zauberischem Sopran als Dienerin Melanto und David Lee als grüblerisch-zuwendender Telemach. Sehr individuell gestalten Raphael Wittmer, Pascal Herington, Ilya Lapich und Valentin Anikin ihre Freier-Partien, wie auch Götter, Hirt und Schmarotzer ebenfalls ausgezeichnet aus dem Ensemble besetzt sind.
Originell und passgenau wirkt der Prolog im Theater-Foyer, und insgesamt erlebt Mannheim eine verführerisch gute Monteverdi-Oper. Der Zyklus soll nach dem glückhaften Start fortgesetzt werden.