Übrigens …

Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny im Nationaltheater Mannheim

Bunte Unterhaltung mit Biss

Vielleicht erwartet der Besucher zu viel oder Regisseur Markus Dietz hat sich ein klein wenig verhoben: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny von Kurt Weill und Bertolt Brecht ist gut gemachte Unterhaltung, wenn eine flotte Revue mit bunten Kostümen und leicht bekleideten Mädchen die Bühne belebt. Wer allerdings darin eine übergreifende Metapher für die Exzesse des Kapitalismus und den katastrophalen Verfall von Moral hin zur Umwertung aller Werte sucht, der wird nur schwerlich fündig.

Heiß geht es los mit einer Verfolgungsjagd per Automobil, wie im Kino. Räder quietschen in halsbrecherischen Kurven, Schüsse fallen, ein Cop liegt zur Einstimmung im Blut beim packenden Video von Thilo David Heins. Die Bösewichter stranden und gründen im Niemandsland am öden Rande der Zivilisation eine Stadt. Dort legen sie ihre Netze aus, um die Glücksritter zwischen Gold und Holzfällertum auszunehmen. Geboten werden derbe Vergnügungen wie Fressen, Saufen, Boxen und willige Mädels. Tja, genauso, wie man sich das in Desperado-Village vorstellt, und die Inszenierung bedient die Vorstellungen. Was zählt, ist Geld, wer keines mehr hat wie Jim Mahoney (Will Hartmann), verliert sein Leben, wenn die Stadt ihrem Untergang entgegen taumelt.

Innerhalb dieses Rahmens aber kommt der Besucher auf seine Kosten. Die Bühne, sich hebend und drehend, ist ebenso aufwändig gemacht wie die bunten Kostüme. In großem Tempo entwickelt sich eine Art Musical, die Weills Musik zu überlagern scheint, so sehr Benjamin Reiners am Pult sein Nationaltheater-Orchester mit Biss und Tempo agieren lässt. Doch Brechts antikapitalistisches Anliegen zerbröselt zur agilen Show. Die Besetzung wirft Fragezeichen auf, denn Heike Wessels wirkt als Puffmutter zu „klassisch“ orientiert, die Mannheimer verehren sie unter anderem als beeindruckende Wagner-Interpretin. Jim Mahoney zur Seite: Vera-Lotte Böcker als Jenny, ihr Duett gegen Ende passt ins Musical, das keines sein will. Anne Diemer schwenkt als Conférencière Hut und Bein, ansonsten sind geschulte Opernsänger zu hören.

Dem Publikum gefällt dieser Sommernachtstraum.