Tier und Mensch auf abgeholztem Terrain
Während orchestral der mährische Wald gänzlich unmythisch, dafür desto vitaler webt, dräut von der Bühne her ein Drama, das primär von Sterben und Tod handelt. Beide Deutungen laufen in dieser Produktion oftmals unvermittelt nebeneinander her.
Alexander von Pfeil lässt alles Geschehen in der Natur auf das Lebensende zielen. Gestorben wird nicht beiläufig, sondern im Klagegestus. Leben als höchster Eigenwert in Janaceks pantheistischem Weltbild gerät dabei ins Hintertreffen. Das schließt plausible Figurenzeichnung nicht aus. So wird die Füchsin von eindeutig tierischen Instinkten nicht weniger bestimmt als von geradezu menschlichem Verhalten. Pfeil arbeitet solche Züge bei der Partnerwahl prägnant heraus. Füchsin und Fuchs bewegen sich vorsichtig und mit allerlei verbalen Höflichkeitsfloskeln aufeinander zu. Andererseits bietet die Füchsin ihrem Galan animalisch das Hinterteil zum Beschnüffeln dar. Fade und trist sieht von Pfeil die Menschenwelt. Das Triumvirat aus Förster, Schulmeister und Pfarrer agiert denkbar unspezifisch. Statt sozial umrissener Typen begegnen Figuren aus dem gesellschaftlichen Nirgendwo. Den Förster reduziert von Pfeil auf einen alternden und schließlich sterbenden Kleinbürger, der eher in eine beliebige Stadtrandsiedlung gehört als zu Wald und Tieren.
Der Forst auf Piero Vinciguerras Bühne ist ohnehin komplett durchs Sägewerk gelaufen und zu jenen Brettern verarbeitet worden, die nun als Basis für die Lebenswelt von Tier und Mensch den schräg ansteigenden Bühnenboden bedecken. Fuchsbau und weitere unterirdische Tierbehausungen entstehen durch teilweise Entfernung des Bodenbelags. Nach hinten wird die Spielfläche durch eine Zimmerwand, zu den Seiten - Käfighaltung für Mensch und Tier - durch Drahtwände begrenzt.
Die Kostüme von Katharina Gault setzen für die Füchsin rotbraune Hippieakzente. Als Junggesellin erscheint die Titelfigur im Lederflicken-Mini und fuchsroter Strumpfhose, als Ehefrau im Overall mit Schlaghosenunterteil. Im Hühnerhof flattert das Federvieh in weißen Dessous und Negligés, dominiert vom chaplinesk-stolzen Hahn mit wehenden Frackschößen, freilich in Unterhose.
Der von Ulrich Zippelius einstudierte Opernchor leistet Solides. Manfred Faig hat die Kinder der Singschule Koblenz präzise vorbereitet.
Das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter Enrico Delamboye spielt mit jener Vitalität auf, die die Szene vermissen lässt. Zwar geht es im Graben immer einmal wieder auch fragil und luzide zu, meist aber saftig musikantisch. Das Orchester zeigt sich mit Janaceks slawisch-mährischem Idiom geradezu verwachsen. Nie wird dabei ins Grobschlächtige übertrieben, immer bleibt das von der Partitur ausgeworfene Klanggespinst durchhörbar.
Hana Lee in der Titelrolle gibt darstellerisch dem Tier so viel wie nötig und betont das Menschliche so weit wie möglich. Vokal fügt Lee sich unprätentiös in den Ensembleklang ein, weiß aber mit ihrer durchtriebenen Suffragetten-Ansprache an des Försters Hühner und mit Provokationen gegenüber dem Dachs durch höhensichere Attacke und mit einschmeichelnden Stimmfarben für sich einzunehmen. Als Fuchs wirbt Hanna Larissa Naujoks elegant-gewinnend und beherzt um sie. Nico Wouterse ist ein vokal groß formatierter durchschlagskräftiger Förster, der regiebedingt darstellerisch eindimensional bleibt. Der Schulmeister von Junho Lee gewinnt durch tenorale Emphase. Jongmin Lim überzeugt stimmlich als vom Leben gezeichneter Pfarrer. Alle weiteren Rollen im Riesenensemble kann das kleine Koblenzer Haus angemessen besetzen.
Der Beifall für das Regieteam fällt freundlich aus, in den Applaus für Lee und Naujoks sowie das Dreigestirn der Dorfhonoratioren mischen sich zahlreiche bravi.