Am Königsweg im Schauspiel Zürich

Vom Versagen der intellektuellen Elite

Wie macht er das bloß - Elfriede Jelineks aktuellstes Stück Am Königsweg auf zwei Stunden einzudampfen, dessen Uraufführung, von Falk Richter im letzten Oktober in Hamburg inszeniert, fast doppelt so lange geriet. Doch am Zürcher Schauspielhaus weiß Stefan Pucher das Beste daraus zu machen. Aus einem „König“, der, unschwer als Trump zu identifizieren, auch bei den 43. „Mülheimer Theatertagen“ mit von der „stücke“-Partie sein wird, wenn es um die Krone fürs beste Schauspiel des Jahres geht.

Auf dem Königsweg wird mit Worten gefochten, Gewalt beschworen, Trump und seinen wahlverwandten „Königen“ die Leviten gelesen. Es hilft nichts. Diese Welt ist bankrott, endgültig fertig. Und das Traurigste: Es gibt keine Handhabe, das Ganze noch vor dem Abgrund zu bewahren. Der König schafft sich seine eigene Welt, vor deren Logik - und das ist Jelineks bitterer Abgesang - die Intellektuellen und „Dichter und Denker“ von heute in die Knie gehen.

Sechs grandiose Schauspielerinnen - Sandra Gerling, Henrike Johanna Jörissen, Julia Kreusch, Miriam Maertens, Isabelle Menke, Elisa Plüss - tragen den Abend. Mal sind sie ein haargenau argumentierender Chor, mal eine Ku-Klux-Klan-Versammlung im Dunkel eines Gerichts-Saals, dann wieder kleine Mädchen in Rüschenkleidern oder unter grandiosen Perücken aufgetakelte Damen einer längst untergegangenen Welt. Réka Csiszér und Becky Lee Walters geben live ihren vorwärts drängenden Elektro-Sound dazu, während Chris Kondeks Video-Überfälle Konglomerat verwirrend vielfältiger Bildsequenzen aus einem chaotischen Amerika bieten.

Wie Elfriede Jelinek mit Worten in der Weltgeschichte unterwegs ist, den Mythos von Helena, Ödipus und Abraham in die Gegenwart einbindet, ist Puchers Inszenierung auf Sinnsuche und Ironie-Fahrt zugleich. Frosch Kermit gibt seinen Senf dazu, Miss Piggy geriert sich als blinde Seherin, als sei sie Kassandra und Teiresias in einer Person. Blindheit ist überhaupt eins der Zauberworte. Wo alle blind sind, findet niemand mehr die Wahrheit, und Zeitgeister wie Trump und Assad, Erdogan und Putin haben das Sagen. 

Selbst die Autorin scheint verzweifelt aufzugeben. Die „Sehende Dichterin“ weiß, wie alle anderen selbsternannten Denker und Künstler, keinen Ausweg. „Man kennt uns nicht mehr“, sind die letzten Worte des Abends. Und bereits zuvor, typisch für ihre Wortspiele: „Wir haben ausgewortet“: Antworten auf den Zustand der Welt sind ihr ausgegangen.