Übrigens …

Hunger. Peer Gynt im Berlin, Deutsches Theater

Die Sache mit dem Sein

Am Ende bleibt eine seltsame Leere. Mag es an der Länge des Stückes gelegen haben (deutlich über drei Stunden!), dass bei der Premiere Hunger. Peer Gynt am Deutschen Theater einige Zuschauerinnen und Zuschauer den Schlaf der Gerechten schliefen? Nein, alles andere als schlecht ist die Inszenierung von Sebastian Hartmann. Die Vermutung liegt eher nahe, dass es das Konglomerat aus Sinnsuche und Menschsein schafft, was der Text nach Knut Hamsun und Henrik Ibsen vielleicht irgendwann einmal intendiert hat: Sein und Mensch-Sein zu reflektieren und den Rezipienten auf die eigene Seins-Basis zurückzuwerfen. Und dann kann es halt passieren, dass man auf einer anderen Ebene immer so weiter reflektiert.

Sebastian Hartmann ist der große Menschenerkunder unter den deutschsprachigen Theaterregisseuren der Gegenwart. Und ein Romantiker dazu, dessen Inszenierungen stets aufbrechen ins Offene: In die Richtung derjenigen Kräfte, Entäußerungen und Abgründe, die unsere Existenz prägen und unserer Ratio entgehen. Wie in einem Teilchenbeschleuniger lassen Hartmann und sein Ensemble in Hunger. Peer Gynt die beiden Texte Knut Hamsuns und Henrik Ibsens aufeinanderprallen“, schreibt das Deutsche Theater zu dieser neuen Produktion.

Es gibt Motive, es gibt Figuren, es gibt Eindrücke. Hartmann komponiert die assoziativen Fetzen innerhalb eines Dämmerzustandes, in den er die Bühne versetzt. Dazu gibt es Orgeltöne. Das Ganze ist berührend und irgendwie episch. Den modernen Zuschauer, gestresst von Alltags-Hektik und meistens selbst am Rande der latenten Überforderung mit sich und der Welt, offenbart dieses Panorama etwas Reflexives.

Es gibt viele starke Bilder in Hartmanns Inszenierung. Da steigt etwa René Peter Lüdicke auf eine Leiter und überpinselt seine eigene Silhouette. Da mag jeder selbst darüber nachdenken, was Hartmann damit sagen möchte, in jedem Fall wirken die Bilder.

Die innere Zerrissenheit wird von den Darstellerinnen und Darstellern auf den Punkt gebracht. Viel Menschsein, viele gute Bilder, einfach viel Theater gibt es für alle, die aktuell ins Deutsche Theater gehen.