Kampf um den Thron
Viele Deutsch-Schüler wurden schon mit Sophokles‘ Tragödie Antigone traktiert. Dem einen hat’s besser, dem anderen weniger gut gefallen und erst wenn die Schülerinnen und Schüler von damals in der bösen Wirtschaftswelt angekommen sind und bei Gehaltserhöhungen unter Zuhilfenahme absurder Tricks übergangen werden, ja, erst dann wissen sie, dass in Sophokles Reigen um Thebens Thron doch einiges an Wahrheit steckt.
Das Deutsche Theater hat’s nun etwas anders aufgezogen und mit der bekannten RambaZamba-Truppe (Das RambaZamba Theater in der Berliner Kulturbrauerei ist ein inklusives Theater, in dem Schauspieler mit und ohne Behinderung professionell Theater spielen) den Stoff originell aufbereitet.
Kreon: Manuel Harder, Antigone: Zora Schemm, Ismene: Juliana Götze, Haimon: Aaron Smith, Teiresias: Lisa Hrdina, Boten: Hieu Pham und Jonas Sippel werfen sich ordentlich in Pose und spielen konzise und auf den Punkt.
Das Deutsche Theater zu der Inszenierung von Lilja Rupprecht: „In Sophokles‘ Tragödie – uraufgeführt vor rund 2500 Jahren – steht weltliches Recht gegen göttliches, Staatsraison gegen Geschwisterliebe, Ratio gegen Herz. Es sind Fragen nach Verantwortung, Moral und der Notwendigkeit eigenen Handelns, die Antigones Schicksal aufwirft.“
Wenn man den Gedanken des integrativen Theaters, den RambaZamba erfolgreich besetzt, zuende denkt, so gelingt bei der aktuellen Antigone-Inszenierung zwar vieles, aber nicht alles. Das Ensemble aus Schauspieler*innen mit und ohne Behinderung ergänzt sich zwar gut. Dennoch bekommt das Ganze etwas unfreiwillig Komisches, weil die Charakterzeichnungen nur halb gelingen und man das Gefühl hat, professionelle und nicht-professionelle Mimen müssten aufeinander zugehen. Das ist zwar irgendwie liebenswert, aber man fragt sich, wozu? Die Übersetzung fehlt, was Miteinander in einer diversen Gesellschaft eigentlich soll. Um das darzustellen hätte es viele Möglichkeiten gegeben: Eine Einführung des Theaters in Stück und Besetzung, einen übergeordneten Erzähler, der uns klar macht, was Diversität und Rollenkonformität im Heute bedeuten könnten.
Irgendwie sucht das Stück. Und dennoch, plötzlich ist Sophokles aktuell und völlig in unserer Zeit angelangt.