Leben ohne Glück
Das Leben ist kurz, und eigentlich sollte jedem Menschen ein bisschen Glück zustehen. Leider sieht das nicht jeder so und gerade, wenn die Zeiten ökonomisch gesehen härter werden, fängt das Hauen und Stechen an. Eine Zeitungsnotiz ist für Ödön von Horváth Ausgangspunkt für seinen Text Glaube Liebe Hoffnung, den er zusammen mit dem Gerichtsreporter Lukas Kristl im Jahr 1932 verfasst.
Es ist ein düsteres Szenario, das Horváth da entwirft, und der Punkt, dass der Autor die Geschichte quasi aus seiner Zeit greift, macht die Geschichte umso bedrückender: Es herrschen Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise. Die junge Elisabeth muss mit allen Mitteln um ihre Existenz kämpfen, versucht sich Geld zu leihen, um an den benötigten „Wandergewerbeschein“ zu kommen. Die Geldnot führt sie schließlich ins anatomische Institut, um ihren Leichnam schon zu Lebzeiten zu verkaufen.
Am Ende bringt sich Elisabeth (füllt Kruses Regie-Konzept aus: Linda Pöppel) um – von Glaube Liebe Hoffnung verlassen, wie es in Anlehnung an einen Paulusbrief heißt: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“
Am Deutschen Theater ist es insbesondere die morbid-poetische Atmosphäre (Bühne: Bernd Damovsky), die den Text sensibel ins rechte Licht rückt – der Experte fürs Traumhafte, Metaphysische, Regisseur Jürgen Kruse holt aus der Rumpelkammer, welche die Besucher auf der Bühne bestaunen dürfen, allerlei Tand und Überraschungen hervor: eine Litfaßsäule, Schaufensterpuppen, Marienstatuen, grinsende Skelette.
Kruse dreht das Ganze ins Absurde, wenn er die Schauspielerinnen und Schauspieler sprachlich stolpern lässt, sie zu Trägern einer Stimmungslage macht und weniger zu eigenständigen Charakteren.
Das Ganze greift ineinander und funktioniert. Und am Ende fragt man sich, ob man noch lieber auf der Premierenparty bleibt, oder die Obdachlosen auf dem Heimweg in der Berliner Nacht beweinen soll? Horváth heute, eindringlich und aktuell zugleich.