Übrigens …

Bruchlinien im Theater unterm Dach

Lebenslinien, gebrochen an Machtstrukturen

Sexueller Missbrauch hat auch etwas mit Machtstrukturen zu tun“, sagt der Schauspieler Urs Fabian Winiger am Ende der Vorstellung von Bruchlinien im intimen „Theater unterm Dach“, als er das Publikum einlädt, zu diesem sensiblen und bedrückenden Thema mitzudiskutieren. Was soll man dazu sagen? „Chapeau“ an diese Spielstätte vielleicht, dass sie die Zeilen von Autor Michael Alexander Müller auf die Bühne bringt!

Das Bühnenbild ist dezent gehalten (Ausstattung: Francoise Hüsges): Da hängen vorhangartig Rechtecke von der Decke, mehrere hintereinander, und die Schauspieler Melissa Anna Schmidt und Urs Fabian Winiger, beide sensibel und ausdrucksstark in ihren Rollen, wechseln zwischen den Ebenen, so wie sie die Perspektiven und Themen wechseln.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs untersucht Ausmaß, Art und Folgen der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR seit 1949“, ist im Programmheft zu lesen. Autor Müller, 2012 mit dem „Rolf Mares Preis“ (Verdienste ums Hamburger Theaterleben) ausgezeichnet, hat sich von der Arbeit dieser Kommission „inspirieren“ lassen, soweit dieses Wort in diesem Zusammenhang passend ist, und sich persönliche Geschichten von Opfern angeschaut.

Bruchlinien, da tritt ein Mädchen in Erscheinung, das von ihrem Stiefvater jahrelang vor den Augen der Mutter missbraucht wird, und ein Junge, der von einem Jugendbetreuer missbraucht wird. Machtstrukturen, die Vertrauen und Abhängigkeiten ausnutzen - erst Jahre später wird von den Opfern Strafanzeige gestellt. Autor Müller gibt den Opfern eine Stimme und wirft Fragen zum juristischen und gesellschaftlichen Umgang mit den Themen auf.

Respektvoller Applaus der Zuschauerinnen und Zuschauer, für dieses dramaturgisch und sprachlich vielleicht eher dezent gehaltene Stück.

Mag sein, dass dies der dann auch richtige Ton ist.