Melissa kriegt alles im Berlin, Deutsches Theater

Pollesch kriegt alles

Pollesch, ähm Melissa, kriegt alles?“, ja stimmt! Dem bekannten Theatermann René Pollesch werden die Theatertextaufträge in Berlin auch mal von „Mann zu Mann“ gereicht, auch wenn die Qualität des individuellen Textes von Zeit zu Zeit eher „rite“ denn „summa cum laude“ ausfällt.

So geschehen nun im Deutschen Theater. Da hat man die Pforten wieder geöffnet, jede zweite Sitzreihe ist Corona-konform ausgehebelt, so dass man gut Platz hat, um Polleschs Zeilen zu inhalieren.

Melissa kriegt alles“ heißt der Text Polleschs, in dem „Ray“, „Frenchy“, „Sally“, „Pawel“, „Alfie“ und „Roy“ auftreten - das alles vor einem durchaus ansehnlichen Bühnenbild. Ein russisches Puppenstübchen, Hammer und Sichel, schwarz auf weiß die Tapete, und davor bunte Barbie-Möbel geben die Folie ab, vor dem das neo-marxistische Kauderwelsch runter gerattert wird.

Klar doch, der eine oder andere liebt Polleschs larmoyanten Ton und seine Vorliebe, Theaterinsider aneinander zu reihen. Dem einen oder anderen fällt jedoch schon mal die Strichliste während der Aufführung vom Schoß, wenn zum zehnten Mal der Name „Brecht“ fällt.

Herrje, gibt es denn wirklich so wenige zeitgenössische Autorinnen und Autoren, dass man den lieben Brecht immer wieder aus der Mottenkiste ziehen muss? Und wirklich ins Ironische dreht der Regisseur Pollesch seinen eigenen Text dann auch nicht. Und überhaupt: Warum müssen Autoren dann auch noch Regisseure sein - zumal für ihren eigenen Text?

Na klar, bestenfalls kann man es als „selbstironisch“ durchgehen lassen, wenn Martin Wuttke als marxistischer Wurzelsepp die Bühne betritt. Beau Jeremy Mockridge vergisst gegen Ende der Aufführung ab und zu die ausufernden und nicht immer brillanten Zeilen - aber wenigstens prangt ein roter Stern hinten auf seiner weißen Hose. Die sechs Schauspieler - in weiteren Rollen: Kathrin Angerer, Franz Beil, Bernd Moss und Katrin Wichmann - scheinen sich bereitwillig in Pose zu werfen. Ab und zu fallen die Wände zu Boden. Dann werden sie wieder hochgehievt. Es wird über die Revolution schwadroniert und notdürftig der eine oder andere aktuelle Verweis zitiert.

Regisseur Pollesch lässt die R&B-Sängerin Beyoncé aus dem Off trällern. Klingt ja gut. Aber war die nicht mal vor zehn Jahren „in“?