Übrigens …

Iphigenie.Traurig und geil im Taurerland im Volksbühne Berlin

Mit Ulk und Poesie durch die Geschichte

Es sind schon ausnahmslos schöne, poetische und opulente Bilder, die die Volksbühne den Besucherinnen und Besuchern bei der Neuinterpretation von Iphigenie in Traurig und geil im Trauerland auftischt - und am Ende sind es denn wohl auch eher die Bilder, denn die sprachliche oder inhaltlich Relevanz der Inszenierung, die in Erinnerung bleiben könnten.

Da ist ein pavillonartiger Tempel, stilisiert und doch hier und da mit korinthischen Zitaten verziert, der gnadenlos einnehmend auf der Volksbühne steht. Sanft wird der Bau von dezentem Licht beschienen und als Zuschauer weiß man nicht so genau, ob man sich dem bildlichen Sog hingeben oder doch lieber vorsichtig-distanziert warten soll, was an Hintergründigem noch auf einen warten könnte?

Tja, das ist wohl auch die Intention dieser eigentümlich wirr-skurrilen Inszenierung, in der die Männer, die doch bei Euripides murrend-knurrend die Fäden im Hintergrund spinnen und die Jungfrau Iphigenie für das Vaterland opfern wollen, nur indirekt eine Rolle spielen.

Da sind die irren Weiber (allesamt als Karikaturen überzeichnet: Paulina Alpen, Jella Haase, Amal Keller, Vanessa Loibl, Emma Rönnebeck, Teresa Schergaut, Susanne Wolff), die auf der Bühne rumspinnen. Sargnagel hat eine feministische Interpretation des Stoffes parat? Wohlwollend gesehen wohl schon. Die Volksbühne erklärt: „Iphigenie, die reine Jungfrau auf dem Weg zum Opferaltar. Ihr Blut soll fließen - Konsequenz aus einer ausweglosen Situation. Sie ist das perfekte Opfer, will freiwillig sterben, für das Vaterland. So kennen wir sie noch heute: Das Urbild weiblicher Einsicht. Soviel Demut wird entlohnt: In letzter Sekunde rettet die Göttin Artemis sie - Krach, Bum - per Entrückung auf die Insel Tauris und macht sie zur Tempelpriesterin.“

Nein, nein, hier will niemand an Jungfräulichkeit denken, oder doch? Weiß und unschuldig im Brautgewand erkundenden Iphigenie (Vanessa Loibl) und Klytämnestra (Paulina Alpen) die Bühne. Ihr Weg scheint klar, das Schicksal vorgezeichnet.

Sargnagel dreht die Geschichte und beamt Iphigenie in fünffacher Ausfertigung in eine Art Sex-Hotline, wo die holde Jungfrau taff die Männer in ihre Schranken weist: „Ich möchte eine Entspannungs-CD, auf der alte Frauen die Namen von Mehlspeisen aussprechen“, dichtet Sargnagel ihren Heldinnen in den Mund.

Leicht deppert und angeturnt tollen die Frauen über die Bühne: „Wieviel Widerstand steckt im gelangweilten, versoffenen, unrasierten, dauergeilen Frauenkörper? Fakt ist: Nach Aischylos, Euripides und Goethe ist es Zeit für eine Kette rauchende Weltikone, deren Schritt nach Brie riecht.“

Naja. Sargnagel hat sich am Stoff abgearbeitet und am Ende bleiben - wie gesagt - vor allem die Bilder.