Übrigens …

Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer im Volksbühne Berlin

Unterhaltsames Pollesch-Potpourri

Dienstag Abend. Am Vorplatz vor der Berliner Schaubühne sammeln sich die ersten Besucher*innen an. Locker-easy, so volksbühnenlike, sitzen die Leute auf den Stufen. Da kommen Mitarbeiter*innen der Volksbühne mit einer Umfrage um die Ecke, ob die werten Zuschauer*innen wüssten, woher der Titel Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer stammen würde?

Ach herrje, steckt hinter dieser Umfrage vielleicht der omnipräsente Volksbühnen-Autor und Regisseur René Pollesch selbst, der mit dieser Umfrage den Wissensschatz in Sachen Theater- und Filmwissen seiner Besucher*innen abfragen will?

Wo Pollesch drauf steht, ist auch Pollesch drin. Der 1962 geborene Theatermann, seit vergangenem Jahr zudem auch noch Intendant des Hauses, nutzt seine Inszenierungen für gewöhnlich, um einen Theater-Insider an den nächsten zu reihen. So auch die Gewehre der Frau Kathrin Angerer.

In Anlehnung an eine Brechts Theaterstück Die Gewehre der Frau Carrar ist das Stück benannt. Natürlich geht es inhaltlich hier und da um das Stück, das Brecht in bekannter Manier dem irischen Dramatiker John Millington Synge (ursprünglich „Riders to the Sea“) abgekupfert hat.

Klar doch, dass Protagonist Martin Wuttke (wir kennen ihn alle noch aus dem Tatort oder so ziemlich jeder Pollesch-Produktion) im Reigen der Theater-Insider kräftig mitmischt und auch thematisiert, dass Brechts Werk in der ersten Fassung „Generäle über Bilbao“ als Titel trug: „Spannend!“, denn manchmal wirkt Polleschs Text - böse gesagt - ein bisschen, wie das Werk eines Oberprimaner, der seinem Lehrer zeigen will, wie toll er sich im Bereich Theatergeschichte auskennt.

Aber von vorne. Zunächst könnte man denken im „Ring des Nibelungen“ gelandet zu sein, denn Bühnenbildnerin Nina von Mechow setzt auf ein turbinenähnliches Konstrukt, das sich dreht und einen Raum eröffnet, der sich Richtung Publikum wendet. Hier turnen Schauspieler*innen herum und schnell wird klar, dass sich Pollesch hier von Fred Astaires legendärem Wandtanz (Dancing On The Ceiling 1951) hat inspirieren lassen. Der Raum, der als Berliner Bar ausstaffiert ist, dreht sich in der Turbine, und Conferencier Wuttke rutscht unbeholfen-souverän die Wände hoch und runter.

Und dann hätten wir noch den Star des Abends, Kathrin Angerer, bekannt aus öffentlich-rechtlichen Filmproduktionen und der Volksbühne selbst. Die für die Rolle des Rising-Stars eigentlich nicht mehr ganz altersgerechte Schauspielerin tritt als Girlie mit übersteuerter Pieps-Stimme auf. Wechselt die Klamotten und stellt sich hier und da doof an.

Ist das René Polleschs Frauenbild, fragt man sich da, wenn Kathrin Angerer und ihre weiblichen Kolleginnen auf der Bühne über die „Besetzungscoach“ reflektieren?

Klar, ansehnlich ist das alles, denn es wird gesteppt und geswingt, getanzt und gute Stimmung verbreitet. Inhaltlich scheint es sich - dieser Kunstgriff ist nicht neu - irgendwie um die Vorbereitungen um die Uraufführung der „Die Gewehre der Frau Carrer“ zu drehen. Da geht es um den Spanischen Bürgerkrieg. Pollesch streut das Thema „Wrestling“ ein, diese showähnliche, unterhaltsame und meist geskriptete Form des Ringens wurde in den USA des beginnenden 20. Jahrhunderts populär.

Schauspielern, steppen oder gar wresteln, lautet da die Frage.

Die Wuttke-Angerer-Pollesch-Show funktioniert. Allerdings bleibt der fade Beigeschmack, dass sich Theater einmal mehr um sich selbst dreht.