Übrigens …

Leonce und Lena im Berlin, Deutsches Theater

Hämmernde Monotonie mit Tiefgang

Dramatische Lichteffekte, stampfende Chöre – wie passt Ulrich Rasches Ästhetik auf ein so nuanciertes, ja ironisches Stück wie Georg Büchners Lustspiel? Kann das gutgehen? Oder muss das schiefgehen?“, fasst Elena Philipp gelungen auf nachtkritik zur aktuellen Leonce und Lena-Produktion von Ulrich Rasche zusammen.

theater:pur meint: Ja, es passt zusammen!

Aber die Inszenierung könnte dennoch oder anders gesagt: „hoffentlich“ das Potential haben zu polarisieren. Sie hat das Potential, die Besucher*in mit Befremden und verstörenden Gefühlen zurück zu lassen – und vielleicht ist dies eine jener Inszenierungen, die erst mit etwas Abstand zu dem Besuch die Wirkung entfalten könnte, die sie wirklich in sich trägt.

Rasche projiziert die 1836 entstandenen Satire über den „nutzlosen Adel“ in einen sinnentleerten Hallraum einer sich immer weiter verstärkenden musikalischen Perversion: Der Techno Beat (Musik: Nico van Wersch) bleibt auf einer klanglichen Ebene in einem gleichbleibendem, brachialem Rhythmus. Dennoch verstärkt sich die Tonalität des Sounds, um Büchners Inhalt auf einer mehr abstrakten, schwer in „theaterkritsiche Worte“ zu fassen, mehr emotionalen Ebene, an das Publikum zu transportieren.

Die Schauspieler*innen funktionieren wie Soldaten, die auf der Drehbühne gegen den Strom gehen, quasi sysiphoshaft, den Text in vehementer Monotonie aufsagend. Text gegen Sound. Sound gegen Text. Sound mit Text. Text mit Sound.

Was bleibt in dieser Inszenierung vom melancholischen Prince Leonce vom Königreich Popo: „Mein Leben gähnt mich an wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus.“

Nicht viel, oder doch besonders viel, weil Büchners Poetik so knallhart ins Berliner Kit-Kat-Milieu transportiert wird, dass die Besucher*innen sich fragen dürften, was Büchners Text mit dem Heute zu tun hat?

Vielleicht geht es in der Inszenierung vielmehr um Individualität, die zu Gunsten - nicht einer feudalistischen Standesgesellschaft -, aber einer auf Präzision und Leistung zusammengeschrumpften Demokratie zu kurz kommt.

Eine überaus interessante und spannende Geschichte, die aktuell am Deutschen Theater Premiere feierte.