Erwachen aus der Melancholie
Bunt und turbulent, witzig und charmant, im besten Sinne verrückt kommt im Heidelberger Theater die Oper Die Liebe zu den drei Orangen von Sergej Prokofjew daher. Uraufgeführt 1923 in Chicago, geschrieben nicht in der Heimat, aus der Prokofjew wegen der revolutionären Wirren ausgewandert war. Für ihn trotz Heimweh eine glückhafte Situation, zumal er sich nicht mit einem Librettisten herum schlagen musste, denn die Texte stellte er nach einigen literarischen Vorlagen selbst zusammen. In der Heidelberger Produktion gibt es viel Gutes zu hören und zu sehen. Generalmusikdirektor Elias Grandy – er verlässt das Haus zum Saisonende – schöpft gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester die Partitur vielschichtig aus. Er legt die farbigen, impressionistischen Momente offen, grundiert gleichwohl sehr rhythmisch und glänzt durch subtiles Eingehen auf die Gesangslinien. Dazu kommt ein agiler Chor, der die Handlung mehrfach vorantreibt, denn dieses musikalische Märchen durchmisst eine weite, skurrile und groteske Strecke: Ein melancholischer Prinz macht seinem Königsvater Sorgen, denn die Dynastie soll ja weiterbestehen. Aber er wird verhext und verliebt sich sehnsuchtsvoll in drei Orangen. Nach vielen, zweieinhalb Stunden langen, kurzweiligen Verwirrungen und Verwicklungen ist es endlich soweit: Aus der dritten Frucht entsteigt die liebreizende Ninetta, und unser Prinz ist geheilt. Und wird unsterblich durch die Musik von Prokofjew.
Die Regie hält die schrill kostümierten Figuren in munterer Bewegung, sie alle sind eigenwillig charakterisiert, und die Bühne assoziiert Bilder von Varieté und Zirkus. Das läuft komödiantisch ab, wenn sich der Prinz im Bettchen verkriecht – Kammersänger Winfrid Mikus setzt seinen unverwechselbar timbrierten Tenor passgenau zum Spiel ein. Papa König ist auch später mal „Die Köchin“, und James Homann macht das richtig gut mit seinem sonoren Bariton. Die Beiden seien stellvertretend für die Männer-Riege genannt, wie für die Frauen Ulrike Machill als Prinzessin Ninetta und Vera Semieniuk als Prinzessin Clarisse. Prokofjew geht in dieser Oper geradezu verschwenderisch mit dem Personal um, zwischen Truffaldino und Smeraldine, Fata Morgana und Farfarello ist ziemlich alles dabei, was die Commedia dell'arte hergibt.
Die Premiere kam sehr gut an, und das Theater hat – voraussichtlich – einen Quotenbringer.