Übrigens …

Die vierte Wand im Theater unterm Dach

Krieg und Theater

Wäre es zynisch zu sagen, dass Theater nichts bewirken kann? Oder wäre es nur eine Tatsachenbezeichnung? Sicher scheint, dass die Menschheit wenig lernfähig ist, wiederholen sich kriegerische Auseinandersetzungen, auch wenn die Erkenntnis, dass es eines ums andere Mal um wirtschaftliche Interessen und nicht um das Ringen um höhere Werte geht, im kollektiven Bewusstsein angekommen ist.

Am Berliner „Theater unterm Dach“, sehr ambitioniert aufgestellt, versucht es eine internationale Theaterkombo nun doch einmal mehr, mit Kreativität und Intellekt auf die Unsinnigkeit von zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Eskalation aufmerksam zu machen. Mittendrin „Theater“ als Brennglas gesellschaftlicher Strömungen und Entwicklungen.

Als Georges in den 80ern das erste Mal in den Libanon reist, hat er große Pläne. Ausgerechnet mitten im Bürgerkrieg soll die 'Antigone' zur Aufführung kommen. Das Theater soll alle Fronten überwinden und eine Stunde Frieden schaffen. Das ist die Idee“, schreibt das „Theater unterm Dach“ zu der Adaption des Romans Die vierte Wand von Sorj Chalandon.

Theater als Sinn- und Friedensstifter, Theater als Ablenkung und Raum für menschliche Weiterentwicklung.

Sprachlich konzise treten die drei Schauspieler Helge Gutbrod, Thorsten Hierse und Florens Schmidt auf, die mit dem Stilmittel der „vierten wand“ spielen: „Innerhalb einer Bühnenhandlung existiert scheinbar eine vierte Wand, weil die Darsteller sie im Spiel als vorhanden beachten, sie aber nicht durchschreiten und mit dem Publikum nicht in Interaktion treten. Ein Schauspieler kann jedoch aus der Rolle fallen und in dieser Weise die vierte Wand durchbrechen – etwa, indem er auf Beifalls- oder Missfallenskundgebungen aus dem Publikum eingeht“, so Wikipedia.

Die Aufführung derAntigone soll den Krieg zumindest für zwei Stunden stoppen, so die literarische Vision von Chalandon. Suzanne Emond (Regie) und Nora Haakh (Dramaturgie) reichern am Theater unterm Dach den Stoff mit aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen und Reflexionen zwischen europäischen Blickwinkeln und Impressionen und Menschen (Zuschnitte und Videos) aus dem Nahen Osten an. Eine komplexe und in sich schlüssige Produktion.