Da hilft kein Wegzappen
Heiner Müller, jener genialischer Gesellschafts-Aufdrösler, der mit zynischem Blick Mensch-Sein und Mensch-Unsein in brachialer Sprache gespiegelt hat, darf sich nun mit einem Text an einem anderen reiben: Am Deutschen Theater wird Der Auftrag von Müller mit Psyche 17 von Elemawusi Agbédjidji kombiniert – herausgekommen ist eine sprach- und bildmächtige Kolportage von starken Szenen und starken Gedanken. RegisseurJan-Christoph Gockel ist eine heftige, dichte Auseinandersetzung gelungen. Geht die Revolution besser aus, wenn Müllers Revolutionsdrama sich einem neueren Text des Kongolesen Agbédjidji stellen muss?
Wohl kaum, zu mächtig ist Müllers Sprache, zu brutal die Verhältnisse, die er kritisiert. Nach der französischen Revolution reisen drei Gesandte mit einem geheimen Auftrag der Regierung in die Karibik. Sklav*innen sollen befreit werden, doch als die Revoluzzer in der französischen Kolonie, der Insel Jamaika, ankommen, ist die französische Revolution gescheitert. Und die Revoluzzer haben anderes zu tun, als Schwarzen zu helfen.
Die geschickte Inszenierung von Gockel lässt politisches Handeln als oftmals hohle Phrase erscheinen, individuelle Motivationslagen gar dekadent und geopolitische Zusammenhänge als Korsett, das Menschen die Luft nimmt, die sie für die individuelle Lebensgestaltung brauchen.
Die Gegenrede von Agbédjidji macht hier und da Mut, die Gegenutopie zu starten, um gegen Müllers Machtgefüge anzukämpfen.
Anarchie, Revolution und Konterrevolution, Gazastreifen, Außerirdische, Blutende Engel, korrupten Revolutionäre, afrikanische Diktatoren, Sklaverei und französischer Freiheitskampf – es kommt einiges zusammen.
Wem das angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage zu massiv erscheint, sollte lieber in den Kinderkanal zappen.