Übrigens …

Die Gehaltserhöhung im Berlin, Deutsches Theater

Graue Anzüge in sprachlich fester Form

Das Deutsche Theater erklärt uns einmal mehr, dass die Arbeitswelt ein Hort der Depressionen ist: Kreativität ist nicht erwünscht, Menschen tragen Einheits-Grau, krasse Hierarchien beseitigen jegliche Eigeninitiative und die Angestellten sind mit Mobbing beschäftigt, anstatt mit Ehrgeiz, Intelligenz und Engagement ihre Firma zum Erfolg zu führen.

Gut, dass es am Deutschen Theater hinter den Kulissen deutlich solidarischer zugeht, kleiner Scherz, den sich theater:pur hier erlaubt, denn dort wurde zur Auftakt-Spielzeit der Intendanz von Iris Laufenberg erst mal der geschäftsführende Direktor Klaus Steppat geschasst. Alte Schule, denn Theater galten noch nie als sonderlich beliebte Arbeitgeber: Teilweise Zeitverträge, künstlerische Eitelkeiten, mitunter autokratische Intendant*innen, taffe Arbeitspläne runden das Repertoire des hektischen Arbeitsalltags ab.

Aber zurück zum Stück. In Die Gehaltserhöhung versetzt das Bühnenbild von Henrike Engel aufgrund seiner ästhetischen Coolness in Staunen. Vor dem orangefarbenen Trichter können die grauen Anzüge in ihrer larmoyanten Absonderlichkeit erstrahlen und die textliche Dichte lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass wir einfach in einer Welt leben, in der es sich morgens kaum lohnt, den grauen Anzug raus zu hohlen.

Georges Perec entwirft entlang der Folie „Arbeitswelt“ in spiralförmig sich entladenden Textfetzen einen fast schon schizophren anmutenden Kampf eines namenlosen Angestellten mit sich selbst.

Einen besseren Lohn will er verhandeln: „In unzähligen Variationen wird der Weg zum Büro des Chefs durchgespielt, werden wie in einer komplexen mathematischen Aufgabe alle Eventualitäten abgewogen, die entlang der Firmenflure das Vorhaben durchkreuzen könnten. Ist der Abteilungsleiter überhaupt in seinem Büro? Hat er Zeit? Ja? Nein? Was dann? Ist die Stimmung günstig? Hat er familiäre Sorgen? Nimmt die Sekretärin das Anliegen entgegen?“

Kritik am System muss sicherlich sein. Allein bleibt die Gegenutopie einmal mehr offen. Wir warten auf die nächste System-Kritik am Deutschen Theater.