Übrigens …

Ariadne auf Naxos im Theater Koblenz

Komödiantin bekehrt Tragödin und Komponisten

Viel griechisches Altertum in Kostüm und Maske. Jedenfalls bei Ariadne, Gott Bacchus und den Nymphen. Angesichts reicher Faltenwürfe, Gelock, Diademen und Sandalen scheint beinahe des Guten zuviel getan. Immer wieder einmal liegt der Gedanke an eine Offenbachiade in antiker Gewandung nahe. Zumal bei der bisweilen handfesten Ironie inmitten des mythologischen Schinkens. Etwa dann, wenn Regisseur Elmar Goerden die Nymphen eifrig die von der verlassenen Ariadne vollgeweinten Taschentücher aufsammeln und in Abfalleiner entsorgen heißt. Keine Frage, schon der opera seria wohnt Komisches inne. So sehr daher Ariadnes Lamento zu Herzen geht, auf Dauer ist es nicht auszuhalten, weckt entweder ennui oder bleibt nurmehr mit Humor zu ertragen. Unter diesem Betracht wäre des jungen Komponisten erster Oper trotz ihrer musikalischen Schönheiten allenfalls ein Achtungserfolg beschieden. Seinem Werk fehlt es an Proportion. Regisseur Goerden lässt daran keinen Zweifel. Ironie des Schicksals und des beinahe überfeinerten Hofmannsthal, dass nun ausgerechnet ein Banausentum wie das des „reichsten Mannes von Wien“ für Abhilfe sorgt, dem der ästhetisch hochempfindliche Dichter selbst wohl unter keinen Umständen nachgegeben hätte. Wie nötig aber dem Komponisten und dessen Werk Zerbinetta und ihre Truppe sind, beweisen die Komödianten bei Goerden auf Schritt und Tritt. Erst, was die Spaßmacherin der lamentösen Ariadne über die gewisse Ankunft eines „neuen Gottes“ prognostiziert, der sich anstelle des Verflossenen einstellen werde, öffnet die Trauernde final dafür, in Bacchus den künftigen Gefährten an ihrer Seite zu erkennen. Letztlich vermag auch der Komponist sich den Reizen Zerbinettas nicht zu entziehen. Fortschreitend lädt sich die erotische Attraktion zwischen ihm und der Komödiantin auf, bis beide im Kuss zueinander finden. Kostümbilderin Lydia Kirchleitner steckt die Personage des Vorspiels in heutige Garderobe, die Figuren der Oper in die eingangs erwähnten Karikaturen à la grecque, Zerbinetta in einen todschicken weißen Frack, die männlichen Komödianten in etwas konventionellere schwarze Pendants.Das hat etwas von Fritzi Massary und den Comedian Harmonists. Silvia Merlo und Ulf Stengl stellen im Vorspiel Marmorwände auf die Bühne, in der Oper ein Schwarz-Weiß-Gekritzel, das Assoziationen mit einer insularen Felsenlandschaft weckt.

Musikalisch bestätigt sich erneut der außerordentliche Rang des kleinen Hauses. Felix Pätzold misst mit dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie die Bandbreite zwischen kammermusikalischer Delikatesse und ab und an deftigem Auftrumpfen aus. Richard Strausscher geht es kaum. Gesungen wird unverschämt gut. Für die Titelpartie bietet Adréana Kraschewski herz- und seelenwunde Klage samt finaler Emphase auf. Viril und strahlkräftig verkörpert Tobias Haaks den Bacchus. Hana Lees Zerbinetta schwingt sich zu Gipfelhöhen auf, während sie ihren Koloraturen immer neue Wendungen und Facetten verleiht. Strahlkräftig gibt Haruna Yamazaki den Komponisten ein wenig altklug, doch angereichert mit Überschwang, Pathos und Künstlerehre. Nico Wouterse ist ein lebenskluger Musiklehrer.