Übrigens …

Mephisto im Theater Heidelberg

Psychogramm des Ehrgeizigen

Ein Mann will nach oben. Hat er Skrupel, hat er keine? Er wird als Chamäleon beschrieben, das Meinungen wie Farben nach Belieben wechselt. Er heult mit den Wölfen und biedert sich an. Was bedeutet ihm Freundschaft, Berechenbarkeit, Empathie, oder opfert er alles auf dem Altar seiner Karriere-Sucht? Plagen ihn Selbstzweifel oder sind sie nur Spiel in der Mimik des Mimen? Aber: Sind seine Ängste nicht berechtigt in seiner nur mühsam etwa durch Ehen kaschierten Homosexualität, so dass er sich einem Mächtigen andient um den Preis, dessen Ehefrau als Schauspielerin zu protegieren, er, der selbst schamlos als Diener eines pervertierten Systems die Protektion genießt?

Ein äußerst schillerndes Künstlerleben verhandelt Klaus Mann in seinem 1936 entstandenen Roman Mephisto, in dem er einen Typus darstellt, der unschwer als Gustaf Gründgens identifizierbar ist. Im Roman heißt er Hendrik Höfgen, und Thorsten Hierse spielt ihn am Theater Heidelberg in der Inszenierung von Daniel Foerster grandios. Er zeigt ihn als von Ehrgeiz Getriebenen, der gleichwohl mit persönlicher Aura die Menschen für sich einnehmen kann. Einer, der sich jeglichem Zugriff entzieht, der sein Leben wie seine Rollen spielt und dabei immer versucht, vor sich selbst bestehen zu können. Denn in jeder Rolle sind Brüche angelegt, die auch den Hendrik Höfgen im Leben selbst einholen, so sehr er sich in der Scheinwelt des Erfolgs bewegt, während im Hintergrund immer die Gefährdung durch totalitäre Mächte lauern.

Die Produktion ist natürlich auch Zeitstück, wenn ein Panorama von der Weimarer Republik mit ihrer überschäumenden Aufbruchsstimmung hin zu den schleichenden, lähmenden und pervertierten Mechanismen des aufziehenden Nazi-Regimes beschrieben wird. Gleichschaltung nannte sich das, und der aktuelle Blick nach Amerika ist erlaubt. Man könnte es auch Menetekel nennen, was Klaus Mann damals als Roman vorlegte.

Die Bühnenmittel sind überbordend, von der wild durcheinander gewürfelten Kostümierung bis zur tollen Video-Optik, die auf Gazevorhängen in Großformat Träume ebenso wie Partnersuche im Milieu und Kleingeistigkeit illustriert. Einschließlich Panik-Attacken. Etwas aufdringlich scheint die permanente Musik-Grundierung, während die harten Beat-Pointen passgenau eingesetzt werden.

Um Herrn Höfgen gruppiert sich ein hoch motiviertes Kollektiv mit Henriette Blumenau, Sheila Bluhm, Hendrik Richter, Simon Mazouri, Marco Albrecht, Hans Fleischmann und Luis Höhler. Man braucht Sitzfleisch für den langen Theaterabend, aber er lohnt sich. Bravo.