Übrigens …

Ajax und der Schwan der Scham im Berlin, Deutsches Theater

Von Schlachten, die gewonnen werden wollen

Wer spielt schon gerne die zweite Geige? Anne-Sophie Mutter sicherlich nicht. Aber um die geht es in diesem versponnenen Potpourri Ajax und der Schwan der Scham auch nicht. Da hätten wir zum einen diesen Ajax, einen starken Typen, der allerdings im Schatten des großen Griechen Achill steht - der griechischen Tragödie folgend schleppt Ajax seinen Achill irgendwann tot vom Schlachtfeld. In der modernen Welt darf Ajax lediglich als Testemonial für Haushaltsreiniger herhalten. Das ist dann die einzige Schlacht, die Ajax aktuell noch gewinnen darf, wenn es um den Wettkampf um die glänzendsten Fliesen geht.

Eine zweite Story, in der sich Schicksale kreuzen: Da ist eine von der Mutter in den Überehrgeiz getriebene Tänzerin - Darren Aronofskys 2011 veröffentlichter Ballettthriller Black Swan zeigt die Schauspielerin Natalie Portman im Tutu. Sie gewann einen Oscar als beste Schauspielerin für ihre schauspielerische Leistung, die auch das eine oder andere Ballet-Soli inkludierte. Die Produktionsfirma streute das Gerücht, Portman tanze die meisten Szenen selbst.

Doch die High-End-Szenen steuerte aber die American Ballet-Solistin Sarah Lane bei. Ihr Gesicht wurde digital durch das von Portman ersetzt. Portman, der Hollywood-Star, nutzt das Talent und Kompetenz von Lane - und heimst den Oscar ein. Auf der Bühne steht sie dann alleine und nimmt den Preis entgegen.

Aber zurück zu Ajax. Der wird von Odysseus, dem rhetorischen Talent, düpiert. Eine Kränkung, die Ajax nicht erträgt und Amok läuft. Blut und Endzeitstimmung auf der Bühne mit inbegriffen.

Eine zwar ästhetisch sehr attraktive Bildsprache nach Sophokles Gedanken, die da auf der Bühne des Deutschen Theaters (Gastspiel des Thalia Theaters Hamburg) zu sehen ist. Aber irgendwie ist das Ganze auch etwas arg in sich versponnen und gewollt, ein etwas konstruiert wirkendes Kuddelmuddel, was da aufgespannt wird.

Pauline Rénevier spielt hier diese Sarah Lane und es hat schon etwas Komisches und Irrlichterndes, wenn ihr Gesicht live durch das von Natalie Portman ersetzt wird.

Eine irre Transformation, die nicht erkennen lässt, wo die Grenze zwischen Realität und Fiktion wohl verlaufen mag.Eine interessante, wenn auch nicht immer in sich stimmige Inszenierung.