Sichtungen - Symposium „Homo Oeconomicus“ in Moers
Am 20. und 21. Juni 2014 veranstaltet das NRW KULTURsekretariat in Zusammenarbeit mit dem Schlosstheater Moers ein Symposium zum Thema „Homo Oeconomicus“. Das Symposium basiert auf der Annahme, dass ein „ungebrochener Siegeszug des Neoliberalismus“ mit dem „Versprechen, auch in der vollends globalisierten Welt für ein andauerndes Mehr an Wohlstand und Konsum zu sorgen“, seine Grundlage in dem Menschenbild des „homo oeconomicus“ finde. Und der ist laut Ankündigung der Veranstalter „ein Wesen, das zutiefst egoistisch allein auf seinen unmittelbaren Nutzen fixiert ist und nur zwei Impulsen gehorcht: Angst und Gier“ - eine höchst konfrontative Setzung, die fraglos anhand vieler Beispiele auch bestritten werden kann.
Das Symposium diskutiert alternative Lebensmodelle, die von einer Strategie der Kooperation ausgehen. Mehr Lebensqualität statt Fixierung auf Wachstum, Beschleunigung und Effektivität - ist dies nur eine Utopie, oder was ist davon realisierbar? Wie könnte die Zukunft der Sozialsysteme oder der Urbanität aussehen, welche neuen Formen der Solidarität und der Arbeit sind denkbar? Anhand der besonders prekären Situation von Künstlern diskutieren der Soziologe Heinz Bude und der Choreograf Jan Ritsema „Die Zukunft der Solidarität und die soziale Funktion der Künstler“; am Samstag stellen die Stadt- und Regionalsoziologin Ingrid Breckner und die Dramatikerin Kathrin Röggla unterschiedliche Modelle zur „Zukunft des öffentlichen Raums und das Unanschauliche der Finanzkrise“ dar und fragen, ob man Finanzkrise und Finanzmarkt auch im Rahmen eines Romans oder anderer künstlerischer Präsentationsformen darstellen kann. Die Publizistinnen Adrienne Göhler und Constanze Kurz diskutieren die „Zukunft der Arbeit, des Einkommens und der Nachhaltigkeit“ sowie die Chancen und Risiken, die mit der zweiten digitalen Revolution verbunden sind.
Künstlerische Höhepunkte des Symposiums werden eine Lesung von Texten von Etel Adnan durch Hanna Schygulla sowie der gemeinsame Besuch der vielfach prämierten Inszenierung von Molières „Der Geizige“ vom Schlosstheater Moers sein. Philipp Preuss‘ höchst komödiantische, aber auch politisch anspruchsvolle Inszenierung nimmt in wunderbarer Parallelführung die Auswüchse des Kapitalismus und des Regietheaters auf den Krampf und nutzt dazu neben dem Molière-Text vor allem Aufsätze und Reden des Philosophen Peter Sloterdijk und des rührend konservativen Regietheater-Verächters Daniel Kehlmann. theater:pur veröffentlicht aus diesem Grunde noch einmal die Premierenkritik vom 9. April 2011 von Dietmar Zimmermann (zu lesen hier)