Übrigens …

Das "Coltan-Fieber" lässt nicht los

Die Schüler hatte es zutiefst getroffen. Jugendliche waren, vor nunmehr einem Jahr, so vom Thema „Coltan-Fieber“ fasziniert, dass daraus im kommenden Juni eine sich über ganz Nordrhein-Westfalen erstreckende Aktion wurde. Kein Wunder, weckte doch allein das dabei neu erworbene Wissen, dass es ohne den Grundstoff Coltan kein einziges Handy oder Smartphone, keinen Laptop und auch keinen Herzschrittmacher gäbe, das Interesse der Schüler.

Weil Coltan so unverzichtbar ist und 80 Prozent der Weltproduktion in den Minen des kongolesischen Ostens unter unsäglichen Bedingungen aus der Erde gekratzt werden, ist der Grundstoff für Kondensatoren auch Anlass für permanente Gewalt und Bürgerkrieg, für Zwangs- und Kinderarbeit, kurz: für die Ausbeutung eines ganzen Landes durch skrupellose Geschäftemacher. In einem Gebiet des Kongo, in dem das blanke Chaos herrscht.

Doch nicht theoretisches Wissen veranlasste die Schüler, sich dem Thema voller Empathie zuzuwenden. Es war – so durchschlagend kann Kunst sein – ein packendes Stück Theater, das in seiner gelungenen Mixtur aus Puppenspiel, Dokumentar-Theater und Rollentausch zwischen Schwarz und Weiß überzeugend aufgeht.

Dass einer der „Coltan“-Schauspieler des Quartetts, Yves Ndagano, einst selbst als 14-jähriger Kindersoldat und später als Minenarbeiter im Kongo fast verheizt wurde, macht das von dem Deutschen Jan-Christoph Gockel vor einem Jahr in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, inszenierte und präsentierte Stück sogar historisch: Die Uraufführung fand exakt an den Tagen statt, an denen ein Volksaufstand den amtierenden Präsidenten hinwegfegte.

Erarbeitet wurde das „Fieber“ übrigens als Koproduktion des Kölner Bauturm-Theaters mit dem wichtigsten afrikanischen Theaterfestival, dem Festival Récréatrales in Ouagadougou. Nach der Uraufführung in Burkina Faso wurde das auch vom Auswärtigen Amt geförderte Stück noch in den Hauptstädten der beiden Kongos präsentiert, in Kinshasa und Brazzaville.

In acht Städten von Nordrhein-Westfalen werden das Stück und die Problematik zur Coltan-Gewinnung im Mai/Juni gezeigt und diskutiert. „Globaler Rohstoffhandel - wer zahlt, wer profitiert?“ ist Thema des „Bildungs- und Theaterprojekts ‚Coltan-Fieber‘“, zu dem Fach-Experten ihren Beitrag leisten.

Nach einer „Auftaktdiskussion“ in Dortmund (24. Mai) macht die Inszenierung Station im Kölner Bauturm-Theater (30./31. Mai), in der Halle Beuel des Bonner Schauspiels (1./2. Juni), im Jungen Düsseldorfer Schauspielhaus (2./3. Juni), im Schauspielhaus Bochum (6./7. Juni), im Theater an der Ruhr Mülheim (8./9. Juni), im Theater im Depot in Dortmund (11. Juni), im DAS DA Theater Aachen (16. Juni) und im Theaterhaus TOR 6 in Bielefeld (23. Juni).

Damit steht ein Programm, das durch die Neugier und Empathie von Schülern angeregt worden ist, die das Theaterstück „Coltan-Fieber“ mit seinem internationalen Darsteller-Quartett – der Kongolese Yves Yves Ndagano, der Haitianer Patrick Joseph (32), der Deutsche Laurenz Leky, der Belgier Gianni La Rocca – im Juni 2015 anlässlich der in Köln präsentierten Europäischen Erstaufführung aufgewühlt hatte.

Eine die gesamte Produktion über Monate hinweg begleitende und ausführliche Film-Dokumentation von Christian Hennecke, von den ersten Proben bis zur Uraufführung in Burkina Faso und den folgenden Aufführungen in den beiden Kongos und Köln, legt in fesselnder Dichte Zeugnis ab von der Entstehung eines einmaligen Projekts. - Günther Hennecke

(Foto: Nicholas Meisel)