Übrigens …

Der Komiker Kai Kramosta

Wenn ein Gymnasiallehrer mit den Fächern Deutsch und katholische Religion seinen sicheren und komfortablen Arbeitsplatz aufgibt, um nur noch mit der Comedy sein „tägliches Brot“ zu verdienen, muss er süchtig auf die Bühne, gleichzeitig aber auch mutig sein. Denn selbst diese Branche ist rappelvoll und jeder Auftritt auf einer Kleinkunstbühne, geschweige denn in größerem Rahmen oder gar im Karneval oder TV ist heiß umkämpft. Kai Kramosta, gebürtiger Eifler Junge, der schon als Schüler den übergewichtigen Pausenclown gab, versucht diesen Weg, nachdem er als Karnevalsredner in Köln nach kurzem Aufflackern in der Session 2011/12 als „Pfundskerl“ schnell in der Versenkung landete – wie so viele. Nachdem er nun in der Provinz erneut seine Sporen verdient und seine Pointen getestet hat, erfolgte jetzt ein neuer „Angriff“ auf die Domstadt als „Handwerker aus der Eifel“, ein bisher unbesetztes Terrain in der Spaßmacher-Szene. Die angekündigte Premiere entpuppte sich allerdings als „Wiederaufnahme“, denn mit seinem Programm “Normal müsste dat halten“ ist er seit einem Jahr auf Tour. Auf seinen Kölner Auftritt im altehrwürdigem wie vollbesetzten „Bürgerhaus Stollwerk“, wo früher automatische Ärmchen die Pralinen in Stanniol einpackten, durfte man gespannt sein.

Bei Kramosta dreht sich alles um den Handwerker, um das Bauen und Reparieren, aber auch um die „Brauchtumspflege“ in Kneipen und bei Richtfesten, um die Familie  und das Leben im Allgemeinen. Das versucht er mit Kaskaden von neueren und auch älteren ausgelutschten Witzen und Witzchen zu illustrieren auf einer Bühne vor einer Mauer, mit Absperrmaterial, Zementsäcken und allerlei Handwerkszeug. Man musste schon gut aufpassen, um alles mitzubekommen; aber auch eine gut gemachte Wiederholung kann durchaus Freude bereiten.

Wie kernige Sprüche wie „Dat war doch schon vorher kaputt“ oder „Wenn man et nicht sieht, ist es kein Fusch“. Und wenn das vermeintliche Schwimmbad im Keller nur Folge eines Rohrbruchs war und er nach einer Entziehungskur ein anderer Mensch war, „der aber auch säuft“, da brandete schon Gelächter auf. Oder er über den „Vielfresser“ schwadroniert, der aber Cola light zu seinen Fritten und Hamburgern trinkt. Es ist erstaunlich, was Kramosta alles im Kopf hat und mit welcher Sicherheit und Power er das auf den Punkt herauslässt. Auch seine Reaktionen auf Zwischenrufe aus dem Publikum kamen bestens, ebenso seine Sinnverdrehungen wie „integrieren/intrigieren“ oder „Psychiater/Psychopath“, die allerdings eine geringe Allgemeinbildung voraussetzen.

Nach der Pause erschien er dann als seine „erotische“ Eifler Lieblingsnachbarin mit Lockenwicklern und im Hauskittel, die sich mit Telefonsex ihre Rente aufbesserte, mit sehr eindeutigen Gesten, Stöhnen und Verwechslungen bei den vorgegebenen Antworten. Das war schon peinlich tief unter der Gürtellinie; die Eltern mehrerer etwa zehnjähriger Mädchen wussten kaum, wo sie hinschauen sollten. Als Handwerker ging es dann wieder zur „Tagesordnung“, leider auch weiter mit schmierigen Witzen. Wenn Kramosta seinen Mantel vorne öffnet und vom für Exhibitionisten so praktischen „Frauenparkplatz“ schwärmt, oder als angehender Gynäkologe ein Treppenhaus durch den Briefkastenschlitz anstreichen kann, dann sprengt das schon die Grenzen der Comedy, erst recht für einen studierten Theologen. Ebenso sein hingelegter Strip; in Herzchen verzierter Unterhose und mit mächtigem Schmerbauch mimte er den begehrten Lover, eine Rose quer im Mund: nette Anspielung an Billy Wilders „Manche mögen es heiß“ (wo der liebestolle Milliardär allerdings gertenschlank ist). Das Publikum schien jedoch durchweg seinen Spaß daran zu haben, RTL2 ließ vielmals grüßen. Entbehrlich war auch seine heftige „Verkaufsoffensive“, wo er mit seinem Programm überall auftreten könnte, für sein Buch und eine DVD seiner Show. Es ist ja in Ordnung, wenn dezent auf erwerbbares Material am Ausgang hingewiesen wird, aber bitte nicht per 15-Minuten-Monolog.

Ob Kramosta mit diesem Programm in Köln Bestand haben wird, scheint unsicher; immerhin punktet er mit seinem erheblichen Rednertalent und geht jetzt mit dem Musical „Servus Peter“ auf Tournee. Denn es gibt für alles ein Publikum. Gut gemeiner Rat: stark kürzen, die schmierigsten Zoten weglassen und die Verkaufsshow reduzieren. Dann kann man durchaus auch viel Spaß haben an Kai Kramosta. - Michael Cramer