Jetzt geht in NRW das Festival-Theater wieder los
Der diesjährige Reigen der Theater-Festivals in Nordrhein-Westfalen beginnt auch in diesem Jahr wieder mit den traditionsreichen Ruhrfestspielen in Recklinghausen am 1. Mai. Das Motto der bis zum 8. Juni laufenden Ruhrfestspiele lautet diesmal „Zweifel und Zusammenhalt“. So wichtig Zweifel als Instrument der Wachsamkeit und positiven Kontrolle in einer Gesellschaft sei, so gefährlich könne er werden, wenn er überhandnimmt, zum politischen Instrument wird und das Vertrauen in Institutionen, Gemeinschaften und sogar die Idee der Demokratie selbst untergräbt. Dann sei eine freie und offene Gesellschaft in Gefahr, warnte Ruhrfestspiel-Intendant Olaf Kröck im Vorfeld der Eröffnung.
Der zweite Begriff des diesjährigen Ruhrfestspiel-Mottos, Zusammenhalt, sei genauso wichtig in einer funktionierenden Demokratie, so Kröck weiter. „Zusammenhalt bedeutet nicht, dass alle einer Meinung sein müssen. Vielmehr erfordert er die Fähigkeit, Unterschiede anzuerkennen und trotz Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zu kooperieren“, so der Intendant. Die Ruhrfestspiele sind eines der ältesten, größten und renommiertesten Theaterfestivals Europas. Was 1947 - nur zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges - in Recklinghausen zunächst als fünftägiges Ereignis begann, wurde schnell zu einem der wichtigen Theaterfestival immer auch als politische Veranstaltung verstanden.
Die diesjährige, inzwischen 79. Ausgabe der Ruhrfestspiele umfasst 90 Produktionen und 220 Veranstaltungen. Unter anderem zwei Uraufführungen, fünf Deutschlandpremieren sowie sechs Koproduktionen stehen auf dem Programm des Festspielhauses in Recklinghausen und auf Bühnen an vielen anderen Spielorten. Neben Theater gibt es auch Tanzdarbietungen, Zirkus, Ausstellungen sowie Musik und Kabarett. Mehrere zehntausend Besucherinnen und Besucher werden auch 2025 erwartet. Auf der Gästeliste der Theateraufführungen stehen diesmal vor allem bekannte deutsche Darstellerinnen und Darsteller.
Zehn Tage nach dem Start in Recklinghausen beginnen in Mülheim/Ruhr die diesjährigen, bis zum 31. Mai terminierten Theatertage „Stücke“ und „Kinder-Stücke“. Aus insgesamt über 280 deutschsprachigen Uraufführungen wurden sieben Produktionen ausgewählt, die um den mit 15.000 Euro dotierten Stücke-Preis kämpfen. Zu sehen sind unter anderem das Stück „Doping“ der Autorin Nora Abdel-Maksoud in der Version der Münchner Kammerspiele, die Inszenierung des Stücks „Asche“ der Autorin Elfriede Jelinek vom Thalia Theater Hamburg oder das Stück „Frau Yamamoto ist noch da“ von Dea Loher in der Fassung des Schauspiels Stuttgart. Um den in gleicher Höhe zu gewinnenden Kinder-Stücke-Preis stehen fünf Produktionen unter anderem von Ayse Bosse, Fayer Koch und Lara Schützsack im Wettbewerb.
Vom 17. bis 25. Mai lädt das Helios Theater im westfälischen Hamm zum inzwischen 11. internationalen Theaterfestival für junges Publikum, „hellwach“ ein. Dies findet alle zwei Jahre statt und verspricht „Theater für alle“. Die eingeladenen Stücke aus Ruanda, Frankreich, Belgien, Deutschland, Mexiko, Senegal, der Ukraine und Ägypten kombinieren Musik, Schauspiel und Objekttheater und richten sich an „Menschen aller Sprachen und Generationen“. Spielorte gibt es in Bergkamen, Lünen sowie in Hamm. Dort, im Helios-Theater ist auch das Festival-Zentrum, in dem es ein umfangreiches Rahmenprogramm gibt, in dem unter anderem die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler über ihre Produktionen sprechen und auch über die Entwicklungen im Kinder- und Jugendtheater ihrer jeweiligen Herkunftsländer berichten.
In der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf gibt es vom 31. Mai bis zum 6. Juni das diesjährige „Westwind“-Festival. Das inzwischen 41. Theatertreffen für junges Publikum in NRW zeigt seine Produktionen im Jungen Schauspiel, im Forum Freies Theater (FFT). Westwind ist eines der renommiertesten Theaterfestivals für junges Publikum bundesweit und wird jedes Jahr von einem anderen NRW-Theater ausgerichtet. Zehn herausragende Inszenierungen aus Nordrhein-Westfalen sind zu erleben. Präsentiert werden unter anderem Stücke wie „Unsere Grube“ von pulk fiktion, „Ich will das so!“ vom Jungen Theater Münster, „Suits“ vom Theater Oberhausen oder „DemoCrisis“ vom Treibkraft.Theater aus Hamm.
Vom 18. Juni bis zum 6. Juli gibt es in Mülheim/Ruhr, Düsseldorf und Köln das diesjährige Impulse-Festival. Aus über 500 gesichteten Arbeiten wurden elf herausragende Produktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewählt. Das Theaterevent firmiert nun als „Impulse Festival für Performance, Theater & Tanz“, nicht zuletzt, um so der engen Verbindung und den oft unscharfen Grenzen zwischen den künstlerischen Genres in Arbeiten der Freien Szene Rechnung zu tragen," so die Festival-Macher in einer Mitteilung. Die ausgewählten Showcase-Arbeiten werden ergänzt unter anderem um Positionen zum Verhältnis von Ost- und Westdeutschland. Das Impulse-Festival findet bereits in seiner 35. Ausgabe statt.
Das ebenfalls traditionsreiche Shakespeare Festival im rheinischen Neuss findet in diesem Jahr nur in einer stark abgespeckten Version und deutlich verkürzten Version vom 4. bis 11. Juli statt. Der hölzerne Nachbau des Londoner Globe-Theaters steht diesmal nicht zur Verfügung, so dass die Veranstalter unterschiedliche Orte in der Stadt bespielen müssen. Dabei wollen sie neue Räume der Begegnung mit Shakespeare, seinem Werk und seinen Themen erkunden, hieß es im Vorfeld. Noch ist das Programm 2025 nicht veröffentlicht, fest steht aber nach Angaben des zuständigen Kulturamtes, dass das beliebte Festival 2026 wieder an seinem angestammten Platz im Neusser Globe stattfinden wird.
Das international bekannte Kulturfestival Ruhrtriennale beginnt am 21. August und beendet den diesjährigen Reigen der Theaterfestivals in NRW. Bis zum 21. September stehen neben Schauspiel auch wieder Musiktheater, Konzerte, Tanz, Performance, Installation, Literatur und Film auf dem Programm. Bühnen sind neben der Jahrhunderthalle in Bochum auch in Essen, Duisburg und Gladbeck. Intendant Ivo Van Hove erklärte bei der Vorstellung seines zweiten Ruhrtriennale-Programms, das Festival greife „Themen der Zeit auf, aber auch der Vergangenheit; es geht um Krieg, Generationskonflikt und um Hoffnung. Verbundenheit ist so wichtig wie noch nie in einer Welt voller feindseliger Spannungen." Das Motto lautet „Longing for Tomorrow" (Wie wollen wir morgen leben?) Über 600 Künstlerinnen und Künstler aus 38 Ländern reisen zur Ruhrtriennale an, die 2024 rund 70.000 Zuschauer begrüßen konnte. - Andreas Rehnolt
Foto: Festspielhaus Recklinghausen (Copyright: Ruhrfestspiele)