Verwaister Belcanto-Tempel

Zum Tod des Liégoiser Intendanten Stefano Mazzonis di Pralafera

Am vergangenen Sonntag (7. Februar) starb der langjährige Hausherr der Opéra Royal de Wallonie Stefano Mazzonis di Pralafera im Alter von 72 Jahren. Mitten in der ohnehin unter dem Pandemie-Unstern stehenden Jubiläumssaison zum 200. Jahrestag ihrer Eröffnung verliert die Liègoiser Oper und mit ihr die Welt des Musiktheaters einen Grandseigneur des Metiers. Wenn Mazzonis di Pralafera zu Ansagen oder, um Jubilare zu ehren, die Bühne betrat, wenn er immerfort Produktionen erläuterte und bewarb, erwies sich stets von neuem, wie sehr er für das Musiktheater brannte. In den Vorstellungspausen suchte er unablässig das Gespräch mit den zahlreich anwesenden Medienvertretern. Im persönlichen Kontakt beeindruckte der Liègoiser Intendant durch Zugewandtheit und unabgelenkte Aufmerksamkeit. Wer ihn auf Italienisch parlieren hörte, war von der Eleganz angetan, die er seiner Muttersprache zu verleihen wusste. Durch seine enge Vernetzung mit belgischen und französischen TV- und Rundfunksendern hielt er das Haus mit zahlreichen Übertragungen in Fernsehen und Radio landesweit präsent, zudem in vielen Kinosälen. Die internationale Sänger- und Dirigentenprominenz, die er an die Opéra Royal de Wallonie lockte, blieb ihr oft langjährig verbunden. Stefano Mazzonis di Pralafera besaß ein ganz außerordentliches Gespür für Stimmen, die Ensembles besonders der Belcantoopern harmonierten meist stupend. Über der ausgesprochenen Italianitá, mit der er sein Haus prägte, verlor Mazzonis di Pralafera dennoch nie das französische Repertoire aus dem Auge. Wo gar italienische und französische Oper sich verbanden, war seine unbedingte Aufmerksamkeit geweckt. In der letzten Spielzeit war das bei der Pariser Urfassung von Verdis Don Carlos der Fall. In dieser Saison sollen des Komponisten I Lombardi heraus kommen, 2017 hatte mit Jérusalem deren Umarbeitung in eine Grand Opéra auf dem Spielplan gestanden.

Stefano Mazzonis di Pralafera wurde 1949 in Rom als Spross einer Adelsfamilie geboren. Bereits während seiner Studienzeit nahm den Juristen die Bühne seiner Hochschule mindestens ebenso in Anspruch wie die Vorbereitung auf Klausuren und Examina. Im Jahr 2004 wurde ihm die Leitung des Teatro Communale di Bologna übertragen. 2007 wechselte er nach Liège, dessen Opéra Royal de Wallonie er zur Belcanto-Hochburg mit stark verjüngtem Publikum ausbaute. Als Regisseur war er den auf das Visuelle bauenden Traditionen der romanischen Länder mit ihren optischen Aufgipfelungen im szenischen Tableau verpflichtet. Seit 2019 war Mazzonis di Pralafera Ehrenbürger der Maasmetropole. Im kommenden Jahr wollte er in den Ruhestand treten. Stefano Mazzonis di Pralafera erlag einem Krebsleiden.

Foto: Opèra Royal de Wallonie