Übrigens …

Street Scene im Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier

Eifersucht und Liebe

Kurt Weill war ein absolutes Vorbild, wenn es um das Thema Integration geht. Seinen jeweiligen Exilorten passte er sich schnellstmöglich an, weil er wusste, dass man nur mit der Sprache eines Landes leben kann und nicht an ihr vorbei. So schrieb er in Paris ganz schnell französische Lieder und in New York eine amerikanische Oper: Street Scene.
Und dieser Titel trifft den Nagel auf den Kopf. In einem tristen Wohnviertel spielt sich das Leben bei heißem Wetter auf der Straße ab. Es treffen Menschen mit unterschiedlichen Temperamenten aufeinander und viele haben einen – heute sagt man: Migrationshintergrund.
Vor diesem Hintergrund ereignet sich die Tragödie um Anna Maurrant, die vor ihrem lieblosen Ehemann in eine Affäre flücht. Am Ende erschießt ihr Mann sie und ihren Liebhaber. Zurück bleibt ihre Tochter, die nun eigenständig ihren Weg finden muss und will.
Allein die ungeheure Menge an Personal, die benötigt wird, um Weills Street Scene mit Leben zu füllen, stellt jeden vor Probleme, der das Stück auf die Bühne stellen möchte. In Gelsenkirchen löst man das Problem durch eine Kooperation mit der Essener Folkwang Universität. Und so stehen neben bewährten Kräften des Opernensembles viele Studierende auf der Bühne.
Heike Meixner baut ein trist-graues Hochhaus, das auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Nein, sie baut es nicht, sondern legt es schräg geneigt auf die Bühne, so dass die Mieter ihre Wohnungen durch die Fenster verlassen. Vorn vor dem Haus bleibt ein Streifen, der Treffpunkt aller im Viertel. Gil Mehmert inszeniert sparsam und richtet seinen Fokus auf den Fortgang der Geschichte und eine gefällige Umsetzung der einzelnen Musikstücke, was ihm mit vielen netten Details sehr gut gelingt. Das Bühnenbild und Steffi Bruhns Kostüme setzen an diesem Abend die markanten Punkte. Und es sind natürlich Kurt Weills so charakteristischen Klänge, die Atmosphäre entstehen lassen, zwischen poesievoller Lyrik und angespannter Dramatik changieren – eine ganz exquisite Bühnenmusik! Heiko Mathias Förster und seine Neue Philharmonie Westfalen setzen das alles schwungvoll um, swingen und schrammen auch in den süßlichen Teilen immer am Kitsch vorbei. Wo es ein wenig hapert, das ist der Gesang. Da haben die meisten in dieser Vorstellung Probleme mit der Genauigkeit und es wackelt mal hier, mal da. Herausragend Dorin Rahardja als Rose Maurrant, die überzeugend die Sehnsüchte und Hoffungen einer jungen Frau verkörpert und Noriko Ogawa-Yatake als ihre desillusionierte, tieftraurige Mutter.
Aber im Großen und Ganzen ist diese Street Scene eine absolut gelungene Produktion.