Neuer Kinderopern-Hit
Andreas N. Tarkmann hat sich u.a. einen Namen mit Harmoniemusiken gemacht, welche klassische Opern zu kammermusikalischen Querschnitten kondensieren. Diese Kompositionstechnik hört man seiner Kinderoper Räuber Hotzenplotz an, die er nach dem inzwischen 50 Jahre alten Buch von Otfried Preußler geschrieben hat (Uraufführung 2009 in Aachen). Tarkmanns Musik wirkt ausgesprochen volkstümlich, ist melodisch eingängig, rhythmisch pointiert und auf unverkrampfte Weise kindgerecht. Wird mitgeklatscht, ist das ja immer ein gutes Zeichen.
Etwas schwieriger verhält es sich mit dem Text. Das Libretto von Jörg Schade enthält alle Stationen des Märchens. Ob aber die vielen Handlungsfäden in den 75 Spielminuten von den adoleszenten Zuschauern voll aufgenommen werden, ist nicht ganz sicher. Ein kleiner Junge wusste sich bei der Premiere freilich zu erinnern, dass am Ende unbedingt auch Großmutters schöne Kaffeemühle mit Hilfe des Drei-Wünsche-Rings herbeigeschafft werden müsse. Andere Kinder waren eher damit beschäftigt, die bei den Zaubereien entstandenen Nebelschwaden in Schach zu halten. Für Erwachsene ist es ja immer ein besonderer Spaß, wie im Alten Pfandhaus die Kinder engagiert und oft ausgesprochen clever einer Aufführung folgen, spontan reagieren. Es hilft natürlich, wenn eine Inszenierung genügend Augenfutter bietet.
Das ist bei Eike Ecker der Fall, die schon mehrfach ihre lockere Hand für das Genre der Kinderoper unter Beweis gestellt hat. Einige Zeit lang war sie als Nachfolgerin von Christian Schuller auch Leiterin der Kölner Institution. Zu den Regiestandarts vor Ort gehört, den gesamten kleinen Raum intensiv zu bespielen, inklusive der Orchesterempore, wo diesmal Rainer Laufen Gürzenich-Musiker in Schwung bringt. Da müssen sich immer wieder die Köpfe drehen, um sämtliche Aktionen mitzubekommen. Auch die wieder einmal liebevolle Ausstattung bietet den Augen viel, wobei die Kerstin Fabers Kostüme dem Bühnenbild von Alexandra Tivig ein wenig den Rang ablaufen.
Das Ensemble des Opernstudios, welches bei der Kinderoper vorrangig zum Einsatz kommt, hat seine Mitglieder seit dieser Spielzeit gewechselt, man lernt also neue Stimmen und Bühnentalente kennen - durch die Bank exzellente, um es gleich zu sagen. Vor dem Einlass in den Zuschauerraum empfängt einen Philip Hoferichter als Wachtmeister Dimpfelmoser mit klangvollem Tenor, um vor Hotzenplotz zu warnen, als der Lucas Singer - seinen markanten Bariton einstweilen noch unter Verschluss haltend - durch die Menge streunt und Fahndungsplakate von den Wänden reißt. Aoife Miskelly (Großmutter) und Erika Simons (Fee Amaryllis) wetteifern im Sopranfach, Lucas Vanzelli darf als Zauberer Zwackelmann auf Dämonie machen. Umwerfend das liebenswürdige Duo Kasperl (Marcelo de Souza Felix) und Seppel (Juraj Hollý).