Edita Gruberová singt Mozart
Edita Gruberová singt Mozart! Das hat sie sehr lange nicht mehr getan. Insofern ließ diese Ankündigung doch weit im Voraus merklich aufhorchen, auch wenn die Sängerin, die Vielen längst als „Prima donna assoluta“ gilt, ihren Mozart nicht mehr auf der Opernbühne singen würde sondern in konzertantem Rahmen. Nun war es so weit: Gruberovás Mozart-Programm, ein Projekt, das sie mit dem Ensemble l’arte del mondo und seinem Dirigenten Werner Ehrhardt realisiert, kam zum ersten Mal zur Aufführung im „Stammsitz“ des Orchesters, im Bayer-Kulturhaus in Leverkusen. Die Ovationen waren enorm, der Beifall entwickelte sich zu einem wahren Orkan.
Ein realer oder gefühlter Orkan und seine Verwüstungen sind es womöglich auch, die den Seelen jener widerfahren sind, von denen Edita Gruberová da gesungen hatte: von Konstanze und den „Martern aller Arten“, die sie zu ertragen bereit ist; in umgekehrten Sinn auch von Susanna und ihrem „Deh, vieni, non tardar“; schließlich von Donna Annas „Non mi dir, bell’idol mio“. Hoch emotionale Momente, zwar mit sparsamer Geste gestaltet, aber doch durch und durch glaubwürdig in ihrer Ausstrahlung. Berührend ach wie vor: Gruberovás hohe Pianissimo-Töne, die wie aus dem Nichts entstehen und denen sie eine unglaubliche dynamische Entwicklung verleiht. Und dies völlig stabil.
Natürlich ist der Unterschied spürbar zu der Stimme, mit der die Sängerin vor zwanzig, dreißig Jahren auf der Bühne stand – alles andere käme auch einem kleinen Wunder gleich. Die Koloraturen sind gelenkig und geläufig, hier und da aber intonationsmäßig nicht in dem Maße lupenrein und präzis, wie sie es einmal waren. Zwei, drei Stellen gibt es, an denen Gruberovás Stimme nicht wirklich punktgenau anspricht – aber derlei Details können an dem Gesamteindruck, dass sich hier eine Künstlerin präsentiert, die nach wie vor viel zu sagen und zutiefst menschliche Botschaften zu übermitteln hat, keineswegs irgendwie rütteln. Ihre Zugabe gerät zum Höhepunkt des Gala-Konzertes: „D’Oreste, d’Aiace“ – die tobende, rasende Arie der Elettra aus dem letzten Akt des Idomeneo. Hier ist Edita Gruberová ganz in ihrem Element, setzt voll auf Risiko, gewinnt dabei – und macht aus dieser geradezu verwegenen Musik eine vokale Explosion!
Das Mozart-Programm mit l’arte del mondo wird auch als CD produziert. Im November 2013 soll die Scheibe auf den Markt kommen. Wer so lange nicht warten möchte, fährt am besten am 11. Mai nach Steinfurt in Europas älteste freistehende Konzertgalerie Il Bagno. Dort sind l’arte del mondo und Edita Gruberová mit dem Mozart-Projekt zu erleben. Ein Link zum Veranstalter findet sich hier.