Mut zur Stille
Grundlage dieser Aufführung ist die Idee von einer Küche der Klänge, in der drei Köche – Jonny Axelsson, Rie Watanabe und der Ideengeber Thomas Witzmann – Klänge zubereiten, angeführt und motiviert von der Sopranistin Maike Raschke als Fee Chorianda. Aus dieser sehr vagen Vorgabe haben die Darsteller mit ihrem Regisseur Rüdiger Pape im Probenprozess eine Fantasie über Geräusch und Ton, Klang und Melodie entwickelt, empfohlen für Vorschulkinder! Flavia Schwedler hat dafür eine optische Form aus Holz geschaffen. Aus einem zylindrischen Gefäß aus Holzplanken, in dem es zu Beginn mächtig wabert, blubbert und zischt und in dem sich lautlos Türen öffnen können, führt eine gelbe Holzrutsche zu einer Glasglocke, unter der irgendwann die traurige Fee einen Dornröschenschlaf schläft. Um diese Installation herum sitzt das Publikum im Alten Pfandhaus, dem Spielort der Kölner Kinderoper, und wird selbst eingerahmt von unregelmäßigen grünen Holzpalisaden, die gleich zu Beginn mit Kochlöffeln bearbeitet werden, so dass der ganze Raum zu vibrieren scheint.
Es gibt kein Orchester, keinen Dirigenten, keine klassischen Instrumente, nur – Küchenutensilien. Von der Erbse bis zum Spaghettibündel, vom Miniaturschneebesen bis zur Riesenpfanne reicht das Spektrum der zum Musik machen verwendeten Requisiten. Die Handlung ist schnell erzählt. Die Fee, der Maike Raschke übrigens sehr attraktive a-cappella-Koloraturen mitgibt, hat das Klangrezeptbuch verloren. Die Klangköche müssen jetzt Neues, Originales schaffen, statt Altes zu kopieren und zu variieren. Als die Fee mit ihren Kreationen nicht mehr zufrieden ist, dämmert sie weg. Die Köche geben alles und sie wacht wieder auf. Freude. Feier. Schluss.
Kein großes Orchesterfinale natürlich. Es gibt ja nur Töpfe. Aber aus dieser Beschränkung hat Rüdiger Pape eine beeindruckende Stärke entwickelt. Er disponiert den szenischen Ablauf sehr klar und verzichtet – fast schon wagemutig – auf jegliche Publikumsführung und –animation. Der Fokus liegt auf dem Klang im Raum. Dieser wird immer wieder in einzelne Komponenten zerlegt. Seine Entstehung wird vorgeführt und mit Stille umgeben. Auch Stille ist Klang, lautet die stringent und fantasievoll belegte Behauptung. Man muss zuhören wollen, wenn man von dieser Zauberküche angeregt und verzaubert werden will. In ihrer Konzentration, ihrer verdeckten aber nicht versteckten Appellstruktur und der so spielerisch entstehenden Poesie liegt die große Kraft dieser Aufführung – und ihre Gefährdung. Auch größeren Theatern als der Kölner Kinderoper wäre solcher Mut zu wünschen!