Konrad will bleiben!
Der Siebenjährige steigt aus der Blechkiste, er ist lieb und wissbegierig, folgsam und in der Schule ein Überspringer. Er staunt über die Regeln, Konventionen und Rituale der chaotischen Erwachsenenwelt. Doch dann soll er ein Fehlprodukt sein – und wird zurückbeordert von einer anonymen „Fabrik“. Das aber passt dem Jungen, der inzwischen in Kitti eine flotte Freundin gewonnen hat, nicht. Das Duo heckt einen Plan aus. Plötzlich ist Konrad, „Das Kind aus der Konservenbüchse“ (so der Titel dieser Kinderoper von Gisbert Näther und dem Libretto von Ulla Theißen nach dem Kinderbuch von Christine Nöstlinger) genau das Gegenteil von dem, der er früher war. Er ist frech, aufsässig, laut und unkonzentriert. Mit diesem Verhalten täuscht er die „Fabrik“-Vertreter, die ihn nun nicht mehr zurückholen wollen. Konrad darf bei seiner neuen Familie und in seiner neuen, turbulenten Umwelt bleiben…
Das ist das Lehr-Stück, aus der der Komponist Gisbert Näther ein unterhaltsames, aber auch lautes Musiktheater gemacht hat. Die Uraufführung fand im Kleinen Haus des Gelsenkirchener Musiktheaters statt. Die jungen Besucher im Parkett klatschten zum Ende lebhaft, etliche Erwachsene schüttelten (missbilligend?) den Kopf. Zu schräg, zu grotesk, zu grell kam ihnen die wundersame Wandlung Konrads vor. Dabei verbirgt sich in diesen Szenen um Konrad und Kitti, Egon und Mutter Berta ein pädagogisches Prinzip: Wie ehrlich, wie natürlich, wie lauter sollen und müssen junge Menschen sein, um sich ihre eigene Welt zu errichten? Müssen sie sich an die Erwachsenen anpassen, sollen sie eher ungezogen als erzogen den Alltag meistern? Nöstlinger und Theißen werfen Fragen auf, legen alles Schulmeisterliche ab und verlassen sich auf die Spontaneität und Natürlichkeit eines kindlichen Reifeprozesses.
Ulla Theißen führt auch Regie – und lässt es gerne und oft poltern. Bei der Schriftstellerin liest sich das Ganze leiser und ruhiger. Das Theater, zumal die Kinderoper, hat dagegen eigene Gesetze. Da bleibt, gerade durch die floskelhafte Musik von Gisbert Näther, immer wieder die poetische Substanz auf der Strecke. Die Inszenierung rückt die fünf harmonierenden Musiker – Posaunist Lennart Rübke, Klarinettistin Stefanie Ott, Cellistin Astrid Naegele, Schlagzeuger Pavel Bialliayeu sowie den Pianisten (und Dirigenten) Askan Geisler – zwar an die rechte Front der bilderbuchbunten Wohnungsbühne (Ausstattung Helke Hasse), aber die Regie bezieht dieses Quintett voll in das Geschehen ein. Das wird von der Regie fabelhaft als zusätzliche Spielqualität genutzt. Irgendetwas passiert deshalb immer… Aber wie gesagt: Das klanglich Grobe dominiert. Zu oft werden Kisten und Dosen kräftig traktiert, dass den Kleinen im Zuschauerraum manches Mal angst und bange wird.
Richtig runde Figuren bilden Helge Salnikau (der aber kaum „schön“ singen darf), Linda Hergarten als Freundin Kitti, Denise Seyhan als mütterliche Berta und Patrick Ruyters als bestimmender Herr Egon müssen arg chargieren. Aber von ihnen hört man schon mal eine geschliffen gesungene Passage. Näthers Musik lebt von Details, die der Komponist routiniert und gekonnt verbindet. Aber mit einem Ohrwurm, der sich bei den Kindern einprägen könnte, wartet er (leider) nicht auf. Die spritzige, allerdings zu selten melodische Musik illustriert hauptsächlich. Eben ein Blechbüchsenspiel…